Dokument wird geladen
ISSN 0007-6201 Burgen und Schlösser 66. Jahrgang, Heft 2/2025 Inhalt Beiträge Kai Kappel/Klaus Tragbar Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) 66 Benjamin Rudolph Geschichte und Baugestalt der Burg Herrieden im Landkreis Ansbach/ Mittelfranken: Gesamtanlage und Torhaus 78 Antonio Esposito The Quadrature painting of the Black Hall in the Munich Residence by Hans Werl from 1602: A painted synthesis of Hans Krumpper‘s early architectural style Markus Sausen Der „thorm zu Pumer“ – Spurensuche zum Bockturm in Pommern an der Mosel 89 107 Nachrichten/Berichte Benjamin Rudolph Zu den Maßwerkfenstern der Westfassade des Muthauses der Burg Hardegsen (Ldkr. Göttingen/Niedersachsen) 116 Begriffe erkunden Jens Friedhoff Kemenate Rezensionen English summaries 118 121 127 Gravina in Puglia, sog. Kastell, Blick vom Hof auf den westlichen Palas (Foto: Klaus Tragbar). Burg Herrieden, Luftauf- nahme von Westen (Foto: Hans Christ, 2016). München, Residenz, Skizze eines Teils des Quadratu- ragemäldes im Schwar- zen Saal von Hans Werl (Zeichnung: © Staatliche Graphische Sammlung München, Inv. Nr. 14767; Bearb.: Antonio Esposito). „Pommern on the Moselle“ von Anne Sophie Oliver, datiert 1858 (Privatbesitz). Titelbild: Der Schwarze Saal in der Münchner Residenz mit 1979 wiederhergestelltem Quadraturgemälde (Foto: © Bayerische Schlösserverwaltung, Lucinde Weiss). Burgen und Schlösser 1/2025 1
Kai Kappel/Klaus Tragbar Kai Kappel/Klaus Tragbar Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Die spätstaufisch-frühangevinischen Anlagen in Gravina in Puglia, Palazzo San Gervasio und Lagopesole Dieser Beitrag analysiert die spätstaufisch-frühangevinischen Sommerresidenzen und herrscherlichen Rückzugsorte in Gravina in Puglia, Palazzo San Gervasio und Lagopesole, wobei er ihre architektonischen Merkmale, kulturellen Einflüsse und die Kontinuität ihrer Nutzung trotz politischer Umbrüche beleuchtet. Dabei wird die Interaktion dieser Bauten mit ihrer Umgebung sowie ihre strategische und repräsentative Bedeutung hervorgehoben. Das Ende der staufischen Herrschaft über das Reg- num Siciliae 1245/50 bzw. 1266 war zweifellos eine harte politische Zäsur. Gleichwohl kam dieser Herr- schaftswechsel nicht überraschend und wirkte sich auch nicht auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus. So konnten beispielsweise Künstler, die in staufischen Bauhütten ausgebildet worden waren, nachweislich auch in frühangevinischer Zeit reüs- sieren.1 Es lohnt sich daher, parallel zur Ereignis- geschichte derartiger Umbruchszeiten eine breite kulturgeschichtliche Betrachtung anzulegen. Bei- Übersichtskarte mit Lage der behandelten Objekte (v.l.n.r. Lagopesole, Palazzo San Gervasio, Gravina in Puglia) (Karte: Istituto Geo- grafico De Agostini, Novara 1967; Markierungen: Verf.). ↓ ↓ ↓ 66 Burgen und Schlösser 2/2025 spielsweise ist es bezüglich der Residenzkultur sinnvoll, die Zeit zwischen 1230/40 und 1285 als ein Kontinuum zu betrachten. So kann konstatiert werden, dass im spätstaufischen und frühangevi- nischen Süditalien unter Kaiser Friedrich II. (reg. 1220–1250) sowie den Königen Manfred (reg. 1258– 1266) und Karl I. (reg. 1266–1285) zahlreiche Som- merresidenzen und herrscherliche Rückzugsorte existierten, die erkennbar mit ihrer Umgebung und deren landschaftlichen Gegebenheiten interagier- ten und umstandslos über den Herrschaftswechsel von den Staufern zu den Anjou weitergenutzt wur- den.2 Die Bauherren und ihre Concepteure dürften hier- bei einerseits aus der literarischen wie materiellen Überlieferung der römischen Antike zu den Annehmlichkeiten der villeggiatura und herrscher- licher Rückzugsorte geschöpft haben – man denke hier nur an die einschlägigen Plinius-Briefe, die kaiserlichen Aufenthalte auf der Insel Capri und in Sperlonga oder die Opulenz spätantiker Villen- komplexe im Mittelmeerraum –,3 andererseits aus den vielfach daraus abgeleiteten Erfahrungen der byzantinischen, islamischen und natürlich der nor- mannischen Residenzkultur in und um Palermo.4 So haben sich die byzantinischen Kaiser als Bewah- rer römischer Kultur im frühen und hohen Mittel- alter während der heißen Sommermonate in aus- gedehnte Villen- und Palastkomplexe am Marmara- Meer zurückgezogen.5 Friedrich II., der wahr- scheinlich im Palermitaner Palastareal aufgewach- sen war,6 kannte sicherlich sowohl die Stanza di Re Ruggero mit den Ausblicke auf Stadt und Meer gewährenden Öffnungen als auch die wasser- und landschaftsbezogenen Muße- und Repräsentations- bauten vor Palermo. Sowohl La Cuba als auch La Zisa – die beiden normannischen Paläste im Wes- ten von Palermo – dürften mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit himmeloffene Säle aufgewie- sen haben, von denen aus die bildhaften Botschaf- ten des Firmaments beobachtet werden konnten.7 Wenn bei etlichen spätstaufischen Anlagen im Königreich Sizilien (etwa Castello Maniace in Syra-
Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Abb. 1. Gravina in Puglia, sog. Kastell, Luftbild von Südwesten (Foto: Anton Brandl). kus, Castelluccio bei Gela, Milazzo oder Trani) mit- tels großer Öffnungen ein Landschaftsbezug gesucht wurde,8 sei zugleich darauf hingewiesen, dass viele Palasbauten hochmittelalterlicher Pfal- zen und Burgen nicht nur Mitteleuropas in ihren Obergeschossen weitläufige Säle mit großen, mehr- teiligen Fensteröffnungen aufwiesen.9 Pointiert ausgedrückt, musste der landschaftliche Reiz nicht erst in der Neuzeit wiederentdeckt werden; viel- mehr kann für das Mittelalter davon ausgegangen werden, dass es ein Survival oder mehrfache Revi- val sinnlicher Landschaftserfahrung gab, die direkt auf antike Quellen rekurrierte bzw. wesent- lich über Byzanz und die islamische Welt tradiert wurde. Zu Recht wurde allerdings darauf hinge- wiesen, dass bei der Relation zwischen Bauwerk und Umgebung zu unterscheiden ist zwischen dem Ausblick in einen wahrnehmbar architektonisch gerahmten Garten und dem in eine freie Land- schaft.10 Dieser Beitrag fokussiert auf die substanziell spätstaufischen Anlagen von Gravina in Puglia (Apulien), Palazzo San Gervasio und Lagopesole (beide in der Basilikata). Diese liegen fernab der Küsten im Bereich des Apennins und seiner Vorge- birge. Anders als in den Residenzarealen um Paler- mo, Foggia und Neapel bedurfte es dorthin längerer Reisen und entsprechend ausgedehnter Aufenthal- te des Herrschers und des Hofes. Dies hatte Konse- quenzen für die räumliche Disposition, den Wohn- komfort und auch für die logistische Versorgung und technische Ausstattung der Bauten. Offenkun- dig wollte man der drückenden Sommerhitze ent- kommen und sehnte sich nach den höhergelegenen, wald-, wild- und wasserreichen Gebieten rund um den Monte Vulture und in der Murge. Den Weg dorthin ebneten genuin römische Straßentrassen: im Falle von Gravina und Palazzo San Gervasio die Via Appia, bei Lagopesole die Via Herculia. Zwar lagen diese drei Anlagen seit dem späten 19. Jahr- hundert im Blick der Forschung; verwiesen sei hier nur auf Pioniere wie die Kunsthistoriker Émile Bertaux (1869–1917) und Arthur Haseloff (1872– 1955), den Historiker Eduard Sthamer (1883–1938) sowie den Historiker und Kulturpolitiker Giustino Fortunato (1848–1932).11 Dennoch fehlen noch immer umfassend klärende bauhistorische Unter- suchungen wie auch spezifisch funktionsgeschicht- liche Studien. Dieses Defizit spiegelt sich auch in eigentümlich unscharfen Benennungen wie „Wald- schloss“, „Jagdresidenz“ oder „südliches Residenz- areal von Foggia“.12 Kaiser Friedrich II. lernte die Gegend um den Mon- te Vulture vergleichsweise früh schätzen: Seit 1223 sind regelmäßige Aufenthalte in Melfi dokumen- tiert, im Spätsommer 1231 ein mehrmonatiger; zwischen 1242 und 1250 urkundete er mehrfach bei oder in Lagopesole.13 Auch wenn wir für diese Zeit keine exakten Baunachrichten besitzen, dürf- ten die Anlagen von Gravina und Lagopesole zwi- schen 1235 (1239 erste Erwähnung eines castrum in Gravina)14 und 1241/46 (Erwähnung einer domus Lacupensulis sowie eines castrum et domus Gravine)15 begonnen worden sein; Lagopesole ent- stand auf einer normannenzeitlichen Vorgänger- struktur. Im Falle von Lagopesole und Gravina wissen wir von nahegelegenen Seen, die unter anderem wichtig waren als Lieferanten von Spei- sefischen, und Wäldern, die als Krondomänen zur Jagd dienten.16 In oder bei San Gervasio erholte sich Burgen und Schlösser 2/2025 67
Kai Kappel/Klaus Tragbar Abb. 2. Gravina in Puglia, sog. Kastell, Blick vom Hof auf den westlichen Palas (Foto: Klaus Tragbar). König Manfred im Herbst 1255 von den Strapazen des Kriegsgeschehens; er kehrte im September 1257, Oktober 1258, März 1259 und September 1265 dorthin zurück.17 Im 829 m hoch gelegenen Lago- pesole hielten sich die Könige Manfred (zu den consueta solacia) und Karl I. zwischen 1256 und 1285 nahezu jährlich in den Sommermonaten auf – das bedeutet implizit: mit Teilen des Hofes und der Kanzlei. 1266 war Lagopesole bereits soweit bau- lich fertiggestellt, dass Karl I. und seine erkrankte Gattin Beatrix von der Provence (1231–1267) dort länger bleiben konnten; 1275 ist dort die Existenz einer wahrscheinlich spätstaufischen Burgkapelle dokumentiert.18 Während die Anlage von Gravina vor 1282 als Lehen vergeben wurde, ließ Karl I. Palazzo San Gervasio 1280 für einen Aufenthalt instand setzen.19 Im Zentrum seines Interesses lag jedoch Lagopesole, für das Karl I. immer wieder Mandate zum Ausbau der Mauern, Dächer und Haustechnik erließ.20 Wie bereits erwähnt, lagen alle drei Bauten unweit überregionaler Straßenverbindungen, waren also bestens erreichbar. Diese waren durch ihre mar- kante Hügellage weithin sichtbar, was umgekehrt von dort einen strategisch motivierten wie auch genießenden Ausblick in die Landschaft ermöglich- te und in Verbindung mit den vorhandenen Kurti- nen und turmartigen Anbauten eine zumindest kurzzeitige Verteidigungsfähigkeit der Bauten her- stellte. Bewusst außer Acht bleibt hier die langjäh- rige und offene Forschungsdebatte, ob die histori- schen Bezeichnungen als castrum, domus oder palatium mit spezifischen Nutzungs- oder Gestal- tungsaspekten einhergingen;21 wir bezweifeln dies. In jedem Fall kann angenommen werden, dass diese Anlagen eine dreifache Funktion besaßen: sie waren Mußeorte (loca solatiorum), besetzten eine strategische Position und verkörperten auch außerhalb der Anwesenheit des Hofes die herr- scherliche Präsenz, waren also im Sinne Percy Ernst Schramms Herrschaftszeichen.22 Im Folgen- den möchten wir die Architektur der drei Bauten näher betrachten und erste themenspezifische Beobachtungen aus unserem Forschungsvorhaben zur Diskussion stellen. Gravina in Puglia Die Anlage von Gravina liegt landschaftsbeherr- schend auf dem Rücken eines schmalen Hügels (Abb. 1). Es handelt sich um einen langgestreckt rechteckigen, ausnahmslos glatt gequaderten Bau. Das bestehende Bauwerk dürfte bereits in den 1230er Jahren entstanden sein, es ist vermutlich das 1239 erwähnte castrum.23 Dazu passt, dass die wenigen aufgefundenen Stücke der Bauzier Kelch- knospen und noch kein botanisch bestimmbares Laubwerk zeigen, das angeregt nicht zuletzt durch die Erfahrungen an der Kathedrale von Reims in Süditalien in den Jahren um 1240/50 anzutreffen ist.24 Der Chronist Giovanni Villani (um 1280–1348) wusste, dass Friedrich II. bei Gravina einen parco della caccia angelegt hatte;25 1309 ist von einem offenkundig früher dort befindlichen Saal für die Falken die Rede.26 Nähert man sich den Resten des Gebäudes über den Höhenrücken, erhebt sich im Osten ein einst zweigeschossiger Eingangsriegel. Dessen Räume sind stark verändert, zumindest 1309 gab es über dem Portal eine der hl. Katharina gewidmete Kapel- le.27 Man gelangt in einen längsrechteckigen offe- 68 Burgen und Schlösser 2/2025
nen Hof, unter dem sich ein dreischiffiger, tonnen- gewölbter hoher Raum befindet.28 Möglicherweise handelt es sich um eine Zisterne, mit der der Was- serbedarf nicht nur einer Garnison, sondern auch einer größeren und länger verweilenden höfischen Gesellschaft hätte gedeckt werden können. Der Hof war an seinen Längsseiten von eingeschossigen Funktionsräumen umzogen.29 Diese Räume sind im Kontext des Projekts bauarchäologisch untersucht worden: Der Raum unmittelbar links vom Eingang zeichnet sich durch einen Kamin aus, ein weiterer Kamin befindet sich in der südlichen Hofmauer. Da nicht alle erhaltenen Mauerzüge in die Umfas- sungsmauer der Anlage einbinden und zumeist fensterlos waren, ist für die Hofbauten von mindes- tens drei Bauphasen auszugehen, von denen zwei als staufisch angesprochen werden können. Ein erster Bauzustand könnte aus der strategisch sichernden und die Landschaft dominierenden Wehrmauer bestanden haben, die zunächst nur die notwendigsten steinernen Einbauten für Bediens- tete, Stallungen und Stauräume erhielt. Eine dritte Bauphase geht auf den Ausbau des Kastells durch die Grafen Orsini im 16. Jahrhundert zurück, die dem Zugang gegenüber auf der Westseite vor dem staufischen Palas eine dreibogige, durch Pfeiler separierte Loggia und auf der Nordseite des Hofes einen zweigeschossigen Wohnflügel mit Funktions- räumen errichteten.30 Der Palas erhebt sich an der westlichen Schmalsei- te der Anlage, unmittelbar über dem Steilhang des Hügels (Abb. 1 und 2). Er ist kubisch und wohl zur Optimierung der Lichtzufuhr wenig tief,31 besaß ein über eine in der südwestlichen Ecke angeord- nete Wendeltreppe erreichbares Obergeschoss32 sowie im Erd- und Obergeschoss je einen aufwen- digen Kamin. Das Obergeschoss zeigt einen reprä- sentativen, durch Schwibbogen dreigeteilten Raum mit großen rundbogigen Öffnungen, in denen einst Zwillingsfenster saßen.33 Einige wenige erhaltene Angeln stammen aber wahrscheinlich aus der Nut- zungsphase der Frühen Neuzeit. Die großen Fenster eröffneten einerseits den Blick in die Landschaft, andererseits erhielt das Obergeschoss des Palas insbesondere am Nachmittag und Abend direkten Lichteinfall. Außen umzog den Palas ein kräftiges Konsolengesims, das einen auf Holzbalken gelager- ten Umgang trug (Abb. 1). Man betrat diesen Umgang durch die niedrige segmentbogige Öffnung in der Mitte des Obergeschosses (Abb. 1 und 2).34 Ein solches Hinaustreten ins Freie ist interessant unter dem Aspekt prozessualer Architekturwahr- nehmung. Wichtiger noch: Es ermöglichte einen ungerahmten, also unmittelbaren Landschaftsge- nuss bei Tag. Hinzu kam die Möglichkeit einer Beobachtung des Nachthimmels – und damit der in den Planetenlehren besprochenen Himmelskör- per wie der in den zirkulierenden Handschriften gezeigten Sternenbilder.35 Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Abb. 3. Gravina in Pu- glia, sog. Kastell, An- bauten an der Südseite (Foto: Kai Kappel). Ungewöhnlicherweise zeigt das Bauwerk insge- samt vier rechteckige Anbauten, drei im Süden (Abb. 3) und einen im Norden. Diese sind wenig tief und binden nicht in die Quaderlagen der Umfas- sungsmauern ein. Ein Bezug zur inneren Raumglie- derung kann nur für den westlichen und östlichen Anbau der Südseite sowie für den der Nordseite festgestellt werden. Eine fortifikatorische Funktion der Annexe ist wenig wahrscheinlich: Diese haben sorgfältig gequaderte, innen tonnengewölbte Unter- geschosse; der östliche Anbau der Südseite konnte von außen durch einen nachträglich eingefügten Zugang betreten werden, der mittlere und der west- liche Anbau sind nur von oben zugänglich. Antonio Cadei vermutete, es handele sich um Speicherräu- me für Lebensmittel oder aber um weitere Unter- stände für Pferde oder Lasttiere.36 Wir bezweifeln das: Ein nur von außen zugänglicher Speicher für Lebensmittel wäre dysfunktional, gleich, ob man für die Anlage eine fortifikatorische oder residen- ziale Nutzung postuliert; für Lasttiere sind die Zugänge zu schmal. Thomas Biller sieht in allen vier Anbauten, trotz mancher funktionaler Zweifel, Abortschächte, lässt aber die Frage nach der räum- lichen Verbindung in das Kastellinnere offen.37 Gesichert als Teil einer Latrinenanlage anzusehen ist nur der Anbau auf der Nordseite. Die erhaltenen, tonnengewölbten Reste sind als Sammelgrube anzusprechen, über der sich ausweislich der Bau- befunde ein heute verlorener, zweigeschossiger Burgen und Schlösser 2/2025 69
Kai Kappel/Klaus Tragbar Abb. 4. Palazzo San Gerva- sio, palatium, Grundriss des Erdgeschosses, staufisch- angevinische Bauteile grün, nachmittelalterliche Verän- derungen gelb (Kai Kappel/ Klaus Tragbar; Zeichnung: Lucian von Hoeßlin nach Clinco, Palatium Regium [wie Anm. 41], Bd. 1, S. 32). Anbau erhob. Vom Obergeschoss des Palas führt ein Austritt unmittelbar in diesen Anbau, neben dem Austritt sind die baulichen Reste einer Latrine erkennbar. Möglicherweise gab es im Erdgeschoss des Anbaus eine weitere, vom Palas aus zugängli- che Latrine. Mit ihren nach außen gewendeten Öffnungen haben die Anbauten von Gravina wenig zu tun mit den schwach vorspringenden Risaliten, wie sie im nordwesteuropäischen bzw. normannischen Bur- genbau oder dem arabischen Castillejo de Mon- teagudo im südspanischen Murcia (zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts) ausgeprägt sind.38 Dass in Gravina der streng geometrisch wirkende Bau dif- ferenziert mit seinem Umraum interagierte, zeigt sich auch an der nördlichen Außenmauer, wo außen eine Reihe von Konsolen verläuft, die heute völlig funktionslos sind. Massimiliano Ambruoso hat diesbezüglich die Frage gestellt, ob das Bau- werk einst noch eine äußere Wehrmauer besaß (oder besitzen sollte); Raffaele Licinio vermutete dort die Zelte des Dienstpersonals.39 Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch, dass diese Konsolen nachträglich in die Mauer eingefügt wurden. In der Gesamtschau zeigt sich bereits jetzt, dass bei der erhaltenen Anlage von Gravina der praktische Gebrauch und ein deutlicher Außenraumbezug, nicht jedoch eine wehrtechnische Optimierung prägende Faktoren gewesen sind.40 Palazzo San Gervasio Die Anlage von San Gervasio41 erscheint erstmals 1266 explizit in den Quellen, damals als palatium.42 Wie bereits erwähnt, erholte sich König Manfred hier 1255; laut der Nicolaus de Jamsilla zugeschrie- benen Chronik schätzte er den Ort oder seine Umgebung wegen der gesundheitsfördernden Luft und Gewässer wie auch wegen der Jagdmöglich- keit.43 Ob zur Zeit Manfreds Ausbauten erfolgten, wissen wir nicht.44 Wohl ein Teil der Anlage, die domus Marescalle sancti Gervasii, bedurfte 1275 Reparaturen an den Räumlichkeiten wie am Dach; Karl I. suchte das Bauwerk in den 1270er Jahren und auch 1280 mehrfach auf, wofür es mitunter hergerichtet wurde.45 Bedingt durch herrscherli- che und schließlich private Wohnnutzungen, die bis in das 20. Jahrhundert reichten, wurde die Anlage stark verändert; aktuell wird der Bau res- 70 Burgen und Schlösser 2/2025
Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Abb. 5. Palazzo San Ger- vasio, palatium, Talfas- sade des Palas von Osten (Foto: Anton Brandl). tauriert und wird künftig als Centro culturale genutzt werden. Das Bauwerk dürfte einst um den annähernd qua- dratischen, von einer Zisterne unterzogenen Hof eingeschossige Funktionsräume und Stallungen besessen haben (Abb. 4). Im Rahmen unserer Bau- untersuchungen und der laufenden Restaurierun- gen ergaben sich in den heutigen Hofbauten und im Südflügel mehrere Befunde, die einen spätstau- fischen Westflügel wahrscheinlich machen.46 Herausragend ist auch hier der wenig tiefe und breit gelagerte Palas am Ostende des langgestreck- ten Hügels. Die hochmittelalterlichen Teile des Palas zeigen lagerhaftes Bruchsteinmauerwerk mit Kantenquaderungen. Eng vergleichbar mit jenem in Gravina, ragt er weit vorgeschoben am Rande eines steilen Abhangs unmittelbar über dem Gelän- deabbruch auf. Dies ermöglichte von den Sälen des oberen Palasgeschosses durch die zeichenhaften, zwei- und dreiteiligen Öffnungen – alle mit Resten steinerner Sitzbänke – weite Blicke in die Land- schaft (Abb. 5). Weniger durch die zahlreichen hochgelegenen Okuli als durch diese mehrteiligen Öffnungen empfing der Palas seine größte Lichtin- tensität in den Morgenstunden. Wir wissen, dass Manfred neben der körperlichen Rekreation der Musik und dem Gesang zugewandt war und sich gerne literarischen Diskursen widmete.47 Las man in diesen höfischen Kreisen gar Horaz‘ Oden, wo in der vierten Ode des dritten Buchs von der Kindheit des Dichters in den Laubwäldern am Monte Vulture die Rede ist?48 Jedenfalls ist für alle diese musi- schen Tätigkeiten eine ausreichende Lichtzufuhr unerlässlich. Den Palas flankieren an seinen Schmalseiten zwei rechteckige, turmartige Annexe (Abb. 6 und 7), die beide im Erdgeschoss aufwendige Latrinen besit- zen und im Unterschied zu Gravina baulich im Verband mit dem Hauptbaukörper stehen. Wäh- rend die Latrine im nördlichen Turm mit einem Toilettensitz mit Lichtnische, einem Belüftungs- und einem Entsorgungsschacht sowie zwei nach außen trapezförmig zulaufenden Schlitzfenstern außerordentlich sorgfältig geplant und ausgeführt wurde und vorzüglich erhalten ist – und ausweis- lich der oberhalb des Erdgeschosses sekundär ver- schlossenen Schächte vermutlich ein Pendant im Obergeschoss besaß –, befindet sich die im südli- chen Annex in einem weitgehend ruinösen Zustand, der dennoch eine analoge Raumkonzeption vermu- ten lässt. Das ursprüngliche Aussehen dieser Annexe hat Émile Bertaux um 1890 imaginiert: Er skizzierte Turmabschlüsse mit kaum geöffneten Mauern, fla- che Pyramidendächer und pittoresk im Wind wehende Fahnen.49 Der Mauerwerksbefund sieht dort jedoch anders aus. Beide Annexe enden heute auf unterschiedlichen Höhen mit einer offenen, durch eine Pforte betretbaren Aussichtsplattform. Bei dem nördlichen Annex wurde das Quadermau- erwerk der Brüstungen und der Wand darüber einschließlich der gesamten Nordostecke des Palas in nachmittelalterlicher Zeit mehrfach verändert, sodass an diesen Wandpartien keine sicheren Aus- sagen mehr möglich sind (Abb. 6).50 Der südliche Annex hingegen stieg im Mittelalter höher als heu- te empor: An der Ostseite der heutigen Plattform gibt es Reste einer Mauerzunge mit dem Ansatz eines Bogens und einer gequaderten Laibung Burgen und Schlösser 2/2025 71
Kai Kappel/Klaus Tragbar Abb. 6. Palazzo San Gerva- sio, palatium, nördlicher Annex des Palas von Norden (Foto: Kai Kappel). Abb. 7. Palazzo San Ger- vasio, palatium, südlicher Annex des Palas von Südosten (Foto: Kai Kappel). (Abb. 7). Letztere ist als Rest einer einst dort befind- lichen weiten Öffnung zu deuten. Zumindest hier ist die Existenz eines stark geöffneten oberen Geschosses wahrscheinlich, das etwas höher als die Fensteröffnungen des Palasobergeschosses ansetzte. Dieser südliche turmartige Annex an den Palas besaß vermutlich eine doppelte Funktion: Einer- seits war er strategischer Ausguck für die hier postierte Wache und konnte über andere Signaltür- me zur visuellen Kontaktierung benachbarter Wehrbauten wie etwa Garagnone oder Monteserico dienen.51 Anderseits dürfte er als Belvedere anzu- sprechen sein. So könnte auch hier die Beobach- tung der Landschaft wie auch der Planeten und Sternenbilder durch den Herrscher oder eine klei- ne, miteinander vertraute Gruppe ein wichtiger Aspekt dieses ‚Rückzugsorts‘ gewesen sein. Ganze 20 Kilometer weit sieht man vom dortigen Palas aus – ein landschaftliches Panorama, das über die weite Talsenke mit der Trasse der Via Appia hinü- bergeht zur fernen, bereits in Apulien gelegenen Hügelkette der Murge. An klaren Tagen liegt die Adria mit dem Monte Gargano im Blick. Lagopesole Die domus von Lagopesole liegt weithin sichtbar auf der Kuppe eines langgestreckten, rund 820 m hohen Hügels über der gleichnamigen Ortschaft; ein Abschnitt der antiken Via Herculia zwischen Veno- sa und Potenza führte unmittelbar an diesem Hügel vorbei. An der die Landschaft dominierenden Lage der domus werden die eingangs erwähnten Aspekte des Baues als Herrschaftszeichen, aber auch die Möglichkeit eines Landschaftsbezugs der Räumlich- keiten im Inneren exemplarisch deutlich. Der Bau- beginn war wahrscheinlich um 1240 an der Stelle eines normannischen Vorgängerbaus, der zwischen 1128 (damals bezeichnet als oppidum) und 1179 quel- lenmäßig bezeugt ist;52 südlich des Bauwerks sind noch ältere Mauerzüge freigelegt worden. Die bishe- rigen Vorschläge zur Abfolge des normannischen Vorgängers und der heutigen Anlage bedürfen wei- terer befundorientierter Untersuchungen.53 In den folgenden Jahrzehnten ist die staufische Anlage durch die Anjou erweitert und immer wieder umge- baut worden, aber offenbar unvollendet geblieben. Wie bereits erwähnt, sind zwischen 1256 und 1265 nahezu jährlich Aufenthalte von Manfred bezeugt, danach verbrachte Karl I. bis zu seinem Tod 1285 die Sommermonate hier. Der Hügel fällt nach drei Seiten relativ steil ab, lediglich die Westseite bietet eine Zugangsmöglich- keit. Der Grundriss zeigt eine regelmäßige, längs- rechteckige Anlage mit Ecktürmen an den Längs- seiten (Abb. 8). Mit Abmessungen von rund 56 mal 93 m gehört Lagopesole zu den größten Profanbau- ten des Duecento in Süditalien. Die domus ist in zwei Höfe deutlich unterschiedlicher Größe geglie- dert; im größeren nördlichen Hof befindet sich mit- tig eine Zisterne mit einem Brunnen, im kleineren südlichen Hof ein frei und leicht verdreht stehen- der großer Turm mit einem hochgelegenen Zugang auf der Nordseite. Der große Turm weist im unteren 72 Burgen und Schlösser 2/2025
Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Abb. 8. Lagopesole, domus, Grundriss des Erdgeschos- ses (aus: Mariolina Murro, Il castello di Federico. Note storico-architettoniche sul castello di Lagopesole, Roma 1987, Tafelband, o. Nr.). Im Obergeschoss des Westflügels befindet sich ein ausgedehnter Saal mit kleeblattbogig geschlosse- nen Zwillingsfenstern, die sich weit zur Land- schaft öffnen (Abb. 10). Dieser Saal und auch ande- re Räume in Lagopesole, wie beispielsweise im Erdgeschoss des Ostflügels, zeigen an den Wänden Spuren regelmäßig angeordneter Bogenansätze, die Schwibbogen und darüber eine hölzerne Decke getragen haben könnten (Abb. 11). Eine ähnliche Raumdisposition findet sich im sogenannten Salo- ne del Parlamento des staufischen Kastells in Milazzo, als Vorbild dürften Schwibbogensäle der Zisterzienser wie das zwischen 1180/1190 und 1208 errichtete Refektorium der Abtei Fossanova in Priverno gedient haben.56 Für die Frage nach der Nutzung und dem Charakter dieser Räume muss geklärt werden, ob diese Bogenansätze auf- Abb. 9. Lagopesole, domus, Hoffassade des Westflügels (Foto: Klaus Tragbar). Drittel glatte Quader auf, die unregelmäßig mit Buckelquadern durchsetzt sind; in den beiden obe- ren Dritteln dominieren Buckelquader. Der durch Türme flankierte Zugang zur Gesamtan- lage befindet sich auf der Westseite; ihm axial gegenüber liegt in der südöstlichen Ecke des großen Hofes die wahrscheinlich spätstaufische Burgka- pelle (wie bereits erwähnt 1275 dokumentiert); ihre halbkreisförmige Apsis springt in einer rechtecki- gen Ummantelung leicht aus der Flucht des Ostflü- gels hervor.54 Der große Hof wird von zweigeschos- sigen Flügelbauten mit teils großzügigen Räumen in den Obergeschossen umschlossen. Während sich die repräsentativen Räume des Herr- schers – der Palas – in Gravina und Palazzo San Gervasio an den Schmalseiten, die den weitesten Blick über die Landschaft boten, befinden, lagen sie in Lagopesole wahrscheinlich nicht im – mög- licherweise nie fertiggestellten – Nordflügel, son- dern im Westflügel, worauf auch die repräsentative Außentreppe hinweist, deren Spuren sich an der Hoffassade des Westflügels erhalten haben (Abb. 9). Der Ansatz dieser Treppe, die sich unmittelbar am Zugang in den großen Hof befand, konnte durch Grabungen nachgewiesen werden.55 An den Hof- fassaden sind Mauerwerkspartien sehr unter- schiedlicher Qualität, von Bruchsteinen bis zu glatten Quadern verschiedener Provenienz erkenn- bar, deren Bedeutung für die Baugeschichte der domus noch umfassender erschlossen werden muss. Umso mehr gilt dies für die geraden Mauer- züge der Außenfassaden, die im unteren Bereich meist einfache, am Westflügel sogar mehrfache horizontale Wechsel zwischen Bruchstein- und Buckelquadermauerwerk zeigen (Abb. 10). Burgen und Schlösser 2/2025 73
hoch gelegenen und nur mittels einer Leiter erreichbaren Zugangs zwei Kragsteine, deren Iko- nographie auf den umgebenden Wald Bezug nimmt.58 Lagopesole weist, wie auch Gravina in Puglia und Palazzo San Gervasio, ein außerordentlich hohes Maß an Wohnkomfort auf. Dazu gehören baulich vollständig in das Mauerwerk integrierte Lüftungs- schächte, Wasserleitungen und Zisternen sowie aufwendige und sorgfältig ausgearbeitete Sanitär- anlagen wie beispielsweise im Nordflügel. Im klei- nen Hof befinden sich in der südöstlichen Ecke sogar die Reste eines Bades mit Hypokausten; es ist wohl spätstaufisch und damit eines der ältesten herrscherlichen Privatbäder Mittel- und Südita- liens.59 Die Ausstattung des großen, kreuzrippen- gewölbten Raumes im Obergeschoss des großen Turms mit drei menschengroßen Nischen und Schlitzfenstern deutet eine fortifikatorische Nut- zung an: Doch lösen der im Turm befindliche Wand- brunnen, die aufwendig in das Mauerwerk integ- rierten Ausgussöffnungen und die Latrine mit Vorraum, Ausgussbecken zur Handreinigung, Was- serleitung und Entlüftung Zweifel an einer rein fortifikatorischen Funktion aus (Abb. 12). Im Gewöl- be befindet sich eine Öffnung zu einem weiteren darüber geplanten Raum; im Untergeschoss eine Zisterne. Die orthogonale Anordnung der Kapelle zum Ost- flügel in Lagopesole, die Wanddurchgänge und die außen rechteckige, turmartig wirkende Apsis mit angrenzender Kammer erinnern an die Architek- tur von S. Nicola in Bari und an Kapellen in den Kai Kappel/Klaus Tragbar grund einer Umbaumaßnahme abgearbeitet oder – möglicherweise – nie fertiggestellt wurden. Bei den Wandkonsolen unterhalb der Bogenansät- ze im Obergeschoss des Westflügels konnte Marg- herita Tabanelli zeigen, dass diese die spezifische Flora und Fauna in der Umgebung der domus widerspiegeln;57 ein sicherer Hinweis auf eine intensive Wahrnehmung der Natur und eine wech- selseitige Beziehung von Residenz und Natur. Auch am großen Turm befinden sich oberhalb des Abb. 10. Lagopesole, domus, Westflügel von Südwesten (Foto: Klaus Tragbar). Abb. 11. Lagopesole, domus, Reste der Bogenansätze im Erdgeschoss des Ostflügels (Foto: Klaus Tragbar). Abb. 12. Lagopesole, domus, Ablaufbecken zur Hand- reinigung und Latrine im Inneren des großen Turms (Foto: Klaus Tragbar). 74 Burgen und Schlösser 2/2025
Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) Kreuzfahrerburgen des Heiligen Landes.60 Die Außenseite der Kapelle zeigt im unteren Teil und teils an den Kanten sorgfältig gearbeitete Buckel- quader. Im Obergeschoss der Kapelle befindet sich ein Ort zur Teilnahme des Herrschers am Gottes- dienst, von der noch die beiden mit Blattmotiven ausgestatteten Konsolen vorhanden sind, und zu beiden Seiten der Kapelle jeweils ein Raum mit einer Apsis, bei deren es sich um Oratorien handeln dürfte. Von überregionaler Bedeutung ist die wahr- scheinliche Lage der königlichen Rückzugsräume im Obergeschoss des Ostflügels in Lagopesole, bei denen es sich möglicherweise um frühe geschlechts- spezifische Wohnfluchten des Herrscherpaares handelt. Zur Klärung der hier nur kursorisch angesproche- nen, wesentlich kulturgeschichtlichen Fragestel- lungen verfolgen wir einen dezidiert transdiszipli- nären Ansatz, ein Zusammenspiel von historischer Bauforschung, mediävistischer Quellenanalyse, kunsthistorischer Konzepte von Stil und Raum sowie wissens- und sozialgeschichtlicher Perspek- tivierungen. Mit dieser Vielfalt der Methoden haben wir im Rahmen des Forschungsprojekts „Summer Residences and Retreats of the Rulers around Mount Vulture“ bereits – wie angedeutet – erste neue Ergebnisse erarbeitet, die die Vielfalt der Kulturen im staufischen und angevinischen Mittelalter hinsichtlich ihrer Kontinuitäten und Dynamiken gerecht zu werden versuchen. Anmerkungen 1 Hierzu noch immer grundlegend: Maria Stella Calò Mariani, L’arte del Duecento in Puglia, Torino 1984, S. 193–202. 2 Die Verfasser bearbeiten das Thema im Rahmen ihres For- schungsprojekts »Summer Residences and Retreats of the Rulers around Mount Vulture. Living Comfort and Experi- ence of Nature in the Late Hohenstaufen-Early Angevin Southern Italy« gemeinsam mit Fulvio Delle Donne, Univer- sità degli Studi di Napoli Federico II, Giulia Pollini (Soprin- tendenza Viterbo), Margherita Tabanelli (Uninettuno Roma) und anderen. Das Projekt wurde für den Zeitraum 2023 bis 2025 bewilligt und wird durch die Deutsche Forschungsge- meinschaft (Projektnummer 470628252) und den Österrei- chischen Wissenschaftsfond FWF (Projektnummer I 5675-G) gefördert. Der Direzione Musei e Parchi Archeologici di Melfi e Venosa und der Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio della Basilicata sowie Tanja Michalsky (Bibliotheca Hertziana) gilt unser großer Dank für die Un- terstützung unserer Forschungen. 3 Vgl. Margherita Azzi Visentini, La villa in Italia. Quattrocen- to e Cinquecento, Milano 1995, S. 11–40. 4 Vgl. Hans-Rudolf Meier, Die normannischen Königspaläste in Palermo. Studien zur hochmittelalterlichen Residenzbau- kunst (Manuskripte für Kunstwissenschaft in der Werner- schen Verlagsgesellschaft, Bd. 42), Worms 1994. 5 Vgl. Hansgerd Hellenkemper, Politische Orte? Kaiserliche Sommerpaläste in Konstantinopel. In: Michael Featherstone et al. (Hrsg.), The Emperor’s House. Palaces from Augustus to the Age of Absolutism (Urban Spaces, Bd. 4), Berlin 2015, S. 243–256. 6 Wolfgang Stürner, Friedrich II., Bd. 1, Darmstadt 1992, S. 106– 111; Olaf B. Rader, Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kö- nigsthron. Eine Biographie, München 2010, S. 67–72. 7 Vgl. Giuseppe Bellafiore, Architettura in Sicilia nelle età is- lamica e normanna (827–1194) (La Civiltà Siciliana, Bd. 1), Palermo/Siracusa 1990, S. 142–144, 149–151, 154 f.; Meier, Die normannischen Königspaläste in Palermo (wie Anm. 4), S. 73, 83 f., sowie S. 49 zur Sala dei venti im Palermitaner Palazzo Reale; Lamia Hadda, L’architettura palaziale tra Africa del Nord e Sicilia normanna (secoli X-XII) (Nuovo Medioevo, Bd. 103), Napoli 2015, S. 132, 147–152; Beat Brenk, Zum Konzept des Königspalastes in Palermo. In: Manfred Luchterhandt/Hedwig Röckelein (Hrsg.), Palatium Sacrum. Sakralität am Hof des Mittelalters. Orte, Dinge, Rituale, Regensburg 2021, S. 235–258. 8 Henri Bresc/Laura Sciascia, All’ombra del grande Federico. Riccardo da Lentini architetto (Architettura in Sicilia, Bd. 3), Palermo 2016, S. 186–188. 9 Lorenz Frank, Beobachtungen zum Profanbau der Stauferzeit in Mitteleuropa vor dem Hintergrund der Entwicklung von Herrschaft und Gesellschaft. In: Kai Kappel/Dorothee Kem- per/Alexander Knaak (Hrsg.), Kunst im Reich Kaiser Fried- richs II. von Hohenstaufen, München/Berlin 1996, S. 113– 126, mit politischer Ausdeutung der Öffnungen. Hubert Houben (Lecce) verdanken wir den Hinweis auf Burg Mont- fort im Heiligen Land: eine vergleichsweise abgelegene Hö- henburg in einer Berglandschaft, wobei sich hier über Her- mann von Salza, den Hochmeister des Deutschen Ordens, engere Bezüge zu Friedrich II. ergeben. Vgl. auch die im November 2024 an der Philipps-Universität Marburg veran- staltete Tagung „Fürstliche Repräsentation in Europa um 1300. Der Saalbau des Marburger Landgrafenschlosses“; die Publikation befindet sich in Vorbereitung. 10 Vgl. Kristina Krüger, Thronen über der gestalteten Natur. Die Palastgärten der Kalifatszeit in Córdoba. In: Inge Nielsen/ Joachim Ganzert (Hrsg.), Herrschaftsverhältnisse und Herr- schaftslegitimation. Bau- und Gartenkultur als historische Quellengattung hinsichtlich Manifestation und Legitimati- on von Herrschaft (Hephaistos, Bd. 11), Berlin 2015, S. 181– 200, hier S. 196. 11 Grundlegend zu den historischen Quellen ist Giustino For- tunato, Il castello di Lagopesole, Trani 1902 (Reprint Venosa 1987), für die Erforschung der Objekte Émile Bertaux, L‘art dans l‘Italie méridionale. De la fin de l’Empire Romain à la conquête de Charles d’Anjou, Paris 1903; wichtig ist auch das interdisziplinäre und unvollendet gebliebene Vorhaben „Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien“ (1920) samt Ergänzungsbänden (1912–2006). 12 Arthur Haseloff, Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritali- en, hrsg. vom Kgl. Preussischen Historischen Institut in Rom, Bd. 1: Textband, Leipzig 1920, S. 16, 18; Dankwart Leistikow, Die Residenz Kaiser Friedrichs II. in Foggia. In: Burgen und Schlösser 1/1977, S. 1–12, S. 8; vgl. auch Antonio Russo, Hammam oder balneum? Hochmittelalterliche Pa- lastbäder in Süditalien. Eine Spurensuche. In: Hans W. Hu- bert/Anja Grebe/Antonio Russo (Hrsg.), Das Bad als Muße- raum. Räume, Träger und Praktiken der Badekultur von der Antike bis zur Gegenwart (Otium, Studien zur Theorie und Burgen und Schlösser 2/2025 75
Kai Kappel/Klaus Tragbar Kulturgeschichte der Muße, Bd. 13), Tübingen 2020, S. 41– 118, hier S. 99: „sommerliche Jagdresidenz (solatium)“. 13 Zu den Quellen Hubert Houben, Melfi, Venosa. In: Giosuè Musca (Hrsg.), Itinerari e centri urbani nel Mezzogiorno normanno-svevo (Centro di Studi Normanno-Svevi, Atti, Bd. 10), Bari 1993, S. 311–331, hier S. 328; Rosanna Lamboglia, Castel Lagopesole. I documenti dell‘etá sveva e angioina. In: Fulvio Delle Donne (Hrsg.), „Ad consueta solacia Lacus Pen- sulis.“ Il castello di Lagopesole tra età sveva e angionina (Quaderni del Centro di Studi Normanno-Svevi, Bd. 6), Bari 2018, S. 13–44, hier S. 22 f.; Fulvio Delle Donne, I consueta solacia e la vita culturale. In: Ders. (Hrsg.), „Ad consueta solacia Lacus Pensulis.“ Il castello di Lagopesole tra età sveva e angionina (Quaderni del Centro di Studi Normanno- Svevi, Bd. 6), Bari 2018, S. 157–179. 14 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Eduard Sthamer, Die Verwal- tung der Kastelle im Königreich Sizilien und Kaiser Fried- rich II. und Karl I. von Anjou (Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien, Ergänzungsband 1), Leipzig 1914, S. 105, 115, 129. 15 Es ist nicht zwingend, hieraus die Existenz zweier Bauten in Gravina abzuleiten, wie es die Mehrzahl der Forschung tut; beispielsweise Raffaele Licinio, Castelli medievali. Puglia e Basilicata: dai Normanni a Federico II e Carlo I d’Angiò (Questioni di storia, Bd. 1), Bari 2010, S. 116; Massimiliano Ambruoso, Il castello federiciano di Gravina in Puglia. Cas- trum o domus? In: Victor Rivera Magos/Francesco Violante (Hrsg.), Apprendere ciò che vive. Studi offerti a Raffaele Li- cinio (Mediterranea, Collana di studi storici, Bd. 32), Bari 2017, S. 13–24, hier S. 16. 16 Domenico Nardone, Il castello svevo di Gravina di Puglia. In: Japigia 1934, S. 19–28, hier S. 22, 24; Maria Stella Calò Mari- ani, L’arte al servizio dello Stato. In: Pierre Toubert/Agostino Paravicini Bagliani (Hrsg.), Federico II e il mondo mediterra- neo, Palermo 1994, S. 123–145, hier S. 140; Ambruoso, Gravi- na in Puglia (wie Anm. 15), S. 18. 17 Zu diesen und den folgenden Dokumenten vgl. Houben, Melfi, Venosa (wie Anm. 13), S. 330; Delle Donne, consueta solacia (wie Anm. 13), S. 164 f.; Lamboglia, Castel Lagopesole (wie Anm. 13). 18 Zu diesen Quellen vgl. Delle Donne, consueta solacia (wie Anm. 13), S. 164 f.; Kai Kappel, „Per nos de novo fundata.“ Edifici sacri di fondazione federiciana. In: Francesco Gange- mi/Tanja Michalsky (Hrsg.), Federico II e l’architettura sacra tra regno e impero (Studi della Bibliotheca Hertziana, Bd. 14), Cinisello Balsamo 2021, S. 149–163, hier S. 161 f. 19 Eduard Sthamer, Dokumente zur Geschichte der Kastellbau- ten Kaiser Friedrichs II. und Karls I. von Anjou, Bd. II: Apulien und Basilikata (Die Bauten der Hohenstaufen in Unteritalien, Ergänzungsband 3), Leipzig 1926, S. 162 Dok. 1032; Licinio, Castelli medievali (wie Anm. 15), S. 185. 20 Grundlegend hierzu Fortunato, Lagopesole (wie Anm. 11), S. 147–199. 21 Siehe hierzu nur Haseloff, Hohenstaufen (wie Anm. 12), S. 16 f., wonach sich eine klare Scheidung der Gruppen von Bauten nach ihrer Zweckbestimmung in Süditalien erst Ende des 13. Jahrhunderts vollzog; Enrico Cuozzo/Jean-Marie Martin, Castelli, palazzi e ‘domus’ di Federico II di Svevia. In: Alfonso Gambardella (Hrsg.), Cultura artistica, città e architettura nell’eta federiciana, Roma 2000, S. 17–29, hier S. 25; Nicola Masini, Dai Normanni agli Angioini. Castelli e fortifizazioni. In: Cosimo Damiano Fonseca (Hrsg.), Il Me- dioevo (Storia della Basilicata, Bd. 2), Bari 2006, S. 689–753, hier S. 726–728; Ambruoso, Gravina in Puglia (wie Anm. 15), S. 16 f.; Fulvio Delle Donne, La porta del sapere. Cultura alla corte di Federico II di Svevia, Roma 2020, S. 175, mit der Konzentration von domus in politisch sichereren Binnenre- gionen des Königreichs wie der Capitanata oder der Basili- cata. 22 In diesem Sinne Kunibert Bering/Roland Mönig, Herrschafts- bewußtsein und Herrschaftszeichen. Zur Rezeption staufi- scher Architekturformen in der Baupropaganda des 13. und 14. Jahrhunderts (Kunst – Geschichte und Theorie, Bd. 10), Essen 1988, S. 20 f.; Delle Donne, Porta del sapere (wie Anm. 21), S. 176. 23 Cristina Carbonetti Vendittelli (Hrsg.), Il registro della can- celleria di Federico II del 1239–1240 (Fonti per la storia dell’Italia medievale, Antiquitates, Bd. 19), 2 Bde., Roma 2002, hier Bd. 1, S. 9 f. 24 Giorgio Vasari, Die Lebensbeschreibungen der berühmtes- ten Architekten, Bildhauer und Maler, hrsg. von Adolf Gott- schweski/Georg Gronau, Bd. 1: Trecento, Erste Hälfte, übers. von Martin Wackernagel, Straßburg 1916, S. 96; Calò Mariani, L’arte al servizio (wie Anm. 16), S. 141. 25 Vasari konstruierte daraus in seinen Viten einen Florentiner namens Fuccio, der hier entsprechend tätig geworden sei. Dieser ist jedoch völlig fiktiv; vgl. dazu wohltuend kritisch Giorgio Vasari, Le vite de‘ più eccellenti pittori scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, hrsg. von Rosan- na Bettarini, kommentiert von Paola Barocchi, 6 Textbände und 3 Kommentarbände, Firenze 1966–1997, hier Textbd. 2, 1967, S. 60, Kommentarbd. 2, 1969, S. 349 f., sowie Giorgo Vasari, Die Leben der Bildhauer und Architekten des Due- cento und des Trecento, hrsg. von Henrike Haug/Sabine Feser, übers. von Victoria Lorini, Berlin 2014, S. 48, 150, Anm. 18, 152, Anm. 22. 26 Nardone, Gravina di Puglia (wie Anm. 16), S. 20, 22; Calò Mariani, L’arte al servizio (wie Anm. 16), S. 141; zuletzt Judith Dreiling/Giulia Pollini, A late-Hohenstaufen castle and its living comforts: The Palas of Gravina in Puglia. In: Stefan Holzer/Silke Langenberg/Clemens Knobling/Orkun Kasap (Hrsg.), Construction Matters. Proceedings of the 8th Inter- national Congress on Construction History, Zollikon 2024, S. 714–721, DOI: 10.3218/4166-8. 27 Nardone, Gravina di Puglia (wie Anm. 16), S. 22; Domenico Nardone, Notizie storiche sulla città di Gravina. Dalle sue origini all’unità italiana (455–1870), Bari 1941, S. 73. 28 Abgebildet bei Carl Arnold Willemsen, Federico II costrutto- re in Puglia. In: Michele Paone (Hrsg.), Studi di storia puglie- se in onore di Giuseppe Chiarelli, Bd. 1, Galatina 1972, S. 487–546, hier S. 513, Fig. 31 und 32; vgl. auch Marcello Benedettelli, Il castello di Gravina. In: Maria Stella Calò Ma- riani/Raffaella Cassano (Hrsg.), Federico II. Immagine e po- tere, Venezia 1995, S. 268–271, hier S. 269. 29 Marcello Benedettelli, Gravina di Puglia. Il castello. I restau- ri. In: Clara Gelao/Gian Marco Jacobitti (Hrsg.), Castelli e cattedrali di Puglia. A cent’anni dall’Esposizione nazionale di Torino, Bari 1999, S. 556–558, hier S. 557. 30 Hierzu Dreiling/Pollini, A late-Hohenstaufen castle (wie Anm. 26 ), S. 719 f. 31 Zu diesen kubischen, riegelartig-schmalen Palasbauten sie- he auch Pio Francesco Pistilli, La Domus Domini Imperatoris di Apice. Indagine preliminare su una residenza di Federi- co II in terra beneventana. In: Arte medievale 1/2.1997, S. 111–123, mit dem Hinweis auf die mit Gravina und Palaz- zo San Gervasio hinsichtlich der Lage und der Palasform vergleichbare Domus im kampanischen Apice (1240er Jah- re). 32 Pistilli, Apice (wie Anm. 31), S. 122 Anm. 14, beobachtete Ansätze einer Wendeltreppe im nordwestlichen Teil der Anlage, womit er wahrscheinlich den Palas meint, während Heinrich Wilhelm Schulz, Denkmäler der Kunst des Mittel- alters in Unteritalien, Dresden 1860, Bd. 1, S. 159, noch zwei solcher Treppen wahrnahm, diese aber nicht näher lokali- siert. 33 Calò Mariani, L’arte al servizio (wie Anm. 16), S. 141; Dreiling/ Pollini, A late-Hohenstaufen castle (wie Anm. 26), hier S. 715–718 (laut einer Baubeschreibung von 1309). In der Fotothek der Bibliotheca Hertziana findet sich eine reiche Dokumentation, aus der die Restaurierungen der frühen Nachkriegszeit, u. a. die Vermauerung eines Zwischenge- schosses im Palas, gut ablesbar sind. 34 So erwähnt bereits Bertaux, L‘art dans l‘Italie méridionale (wie Anm. 11), S. 750, Anm. 1, einen „balcon im ersten Ge- 76 Burgen und Schlösser 2/2025
Sommerresidenzen und herrscherliche Refugien um den Monte Vulture (Süditalien) schoss des Palatiums von Gravina mit landschaftlichen Ausblicken“. l’Italie méridionale. Aggiornamento all’opera di Émile Ber- taux, Bd. 5, Roma 1978, S. 953–955, hier S. 954. 35 Zur Bedeutung der Astrologie am Hof Friedrichs II. vgl. Dieter Blume, Regenten des Himmels. Astrologische Bilder in Mittelalter und Renaissance (Studien aus dem Warburg- Haus, Bd. 3), Berlin 2000, S. 34–63 und Stürner, Friedrich II. (wie Anm. 6), S. 408–415. 36 Antonio Cadei, Federico II. Architettura e scultura. In: Enci- clopedia dell’Arte medievale, Bd. 6, Roma 1995, S. 105–125, hier S. 110. 37 Thomas Biller, Die Burgen Kaiser Friedrichs II. in Süditalien. Höhepunkt staufischer Herrschaftsarchitektur, Darmstadt 2021, S. 96–98, 225 f., Abb. 51, 61. 38 Maria Stella Calò Mariani, Puglia e Mediterraneo. Artefici, manufatti e modelli dal mondo islamico nei cantieri e negli ‘ateliers’ di età svevo-angioina. In: Giulia Bordi et al. (Hrsg.), L’officina dello Sguardo. Scritti in onore di Maria Andaloro, Bd. 1, Roma 2014, S. 167–174, hier S. 170 f., sah vielmehr Bezüge zwischen der Gesamtdisposition Gravinas und der islamischen Architektur insbesondere Südspaniens. Zum Castillejo de Monteagudo vgl. Jonathan M. Bloom, Architec- ture of the Islamic West. North Africa and the Iberian Pen- insula 700–1800, New Haven/London 2020, S. 99. 39 Ambruoso, Gravina in Puglia (wie Anm. 15), S. 23; Calò Ma- riani, L’arte al servizio (wie Anm. 16), S. 141 (1309 Erwähnung von Stallungen und weiteren Bauten „extra claustrum cas- tri“); Licinio, Castelli medievali (wie Anm. 15), S. 267. 40 Bereits Bertaux, L‘art dans l‘Italie méridionale (wie Anm. 11), S. 750, Anm. 1, spricht von einer lediglich umhüllenden, nicht aber Verteidigungszwecken dienenden Mauer. 41 Zum erhaltenen Bauwerk sind hervorzuheben: Fortunato, Lagopesole (wie Anm. 11), S. 43, 71; Bertaux, L‘art dans l‘Italie méridionale (wie Anm. 11), S. 754; Carl Arnold Willemsen, I castelli di Federico II nell’Italia meridionale (Studi e testi di storia e critica dell’arte, Bd. 8), Napoli 1979, S. 19–24, 110; Gino Leone, Palazzo San Gervasio e il suo castello, Fasano 1985; Alfredo Borghini, I castelli di Federico II nel Vulture, Cava dei Tireni 1989; Licinio, Castelli medievali (wie Anm. 15), S. 46, 138, 143, 164, 185, 194, 219, 253, 292; Nicola Montesano, San Gervasio. Palazzo dei Re, Palazzo San Ger- vasio 2018; Isabella Marchetta, I restauri e le analisi del castello. In: Sabrina Mutino (Hrsg.), Archeologia preventiva in Basilicata. Nuove ricerche a Palazzo San Gervasio, Banzi e Genzano di Lucania, Venosa 2021, S. 319–329; Antonio Clinco, Metodologia e tecnica per il progetto di restauro. Il caso del Palatium Regium di Palazzo San Gervasio, 2 Bde., Tesi di Laurea, Politecnico di Bari, 2002/03; Biller, Die Burgen Kaiser Friedrichs II. (wie Anm. 37), S. 237 f. 42 Fortunato, Lagopesole (wie Anm. 11), S. 147–149, doc. 1. Für die Bewertung der historischen Quellen danken wir Fulvio Delle Donne (Neapel). 43 Fortunato, Lagopesole (wie Anm. 11), S. 70; Leone, Palazzo San Gervasio (wie Anm. 41), S. 48. 44 Francesca Soffientino, Manfredi committente. Fonti e opere, Roma 2021, S. 162, vermutet dies, doch gibt es hierfür keine historischen Belege. 45 Fortunato, Lagopesole (wie Anm. 11), S. 152–156; Licinio, Castelli medievali (wie Anm. 15), S. 194; Montesano, San Gervasio (wie Anm. 41), S. 56. 46 Für die Ermöglichung von Bauuntersuchungen im Inneren danken wir Sabrina Mutino (Soprintendenza Archeologica Belle Arti e Paesaggio della Basilicata, Potenza), Nicola Montesano (Potenza) sowie insbesondere Mario Saluzzi und Antonio Clinco (beide Palazzo San Gervasio). 47 Vgl. hierzu nur Borghini, Castelli (wie Anm. 41), S. 34; Soffi- entino, Manfredi committente (wie Anm. 44), S. 142 f. 48 Quintus Horatius Flaccus, Oden und Epoden, hrsg. und übers. von Gerhard Fink, Düsseldorf/Zürich 2002, S. 144 f. 49 Bertaux’ Reiseskizze ist abgedruckt bei Maria Clotilde Mag- nani Risso, [ohne Titel]. In: Adriano Prandi (Hrsg.), L’art dans 50 Die von Willemsen publizierten und in der Fotothek der Bi- bliotheca Hertziana (Rom) bewahrten historischen Ausnah- men, etwa jene von Heinrich M. Schwarz und Hanno Hahn aus den 1950er Jahren, zeigen den Palas noch größtenteils verputzt und mit vermauerten stauferzeitlichen Öffnungen, lassen jedoch hinsichtlich des Mauerwerks an den beiden Annexen keine weitergehenden Schlüsse zu. 51 Montesano, San Gervasio (wie Anm. 41), S. 33. 52 Zu den Quellen jüngst Lamboglia, Castel Lagopesole (wie Anm. 13). 53 Zusammenfassend Maria Elisa Avagnina, Lagopesole. Un problema di architettura federiciana. In: Angiola Maria Ro- manini (Hrsg.), Federico II e l’arte del Duecento italiano (Collana di saggi e testi, Bd. 20), Galatina 1980, S. 153–174. Unter den jüngeren Arbeiten sind hervorzuheben Simone Neumann, Die Domus Lagopesole. Ihre Baugeschichte von den Normannen über die Staufer zu den Anjou (Ex Architec- tura, Bd. 14), Hamburg 2014, S. 319–360; Luisa Derosa, Per una storia dell’arte in Basilicata tra XII e XIII secolo. Due casi a confronto. In: Francesco Panarelli (Hrsg.), Alle fonti della Basilicata medieval. Edizioni, progetti e cantieri (Qua- derni del Centro di Studi Normanno-Svevi, Bd. 5), Bari 2017, S. 313–340; Kai Kappel, La cappella e altri problemi della struttura architettonica del castello di Lagopesole. In: Fulvio Delle Donne (Hrsg.), „Ad consueta solacia Lacus Pensulis.“ Il castello di Lagopesole tra età sveva e angionina (Quaderni del Centro di Studi Normanno-Svevi, Bd. 6), Bari 2018, S. 93– 114; Paolo Peduto, Considerazioni sui dati archeologici acqui- siti nelle campagne di scavo nel castello di Lagopesole (1996–2006). In: ebd., S. 59–81; Kappel, „Per nos …“ (wie Anm. 18), S. 159–163; Biller, Die Burgen Kaiser Friedrichs II. (wie Anm. 37), S. 234–237. 54 Kappel, „Per nos …” (wie Anm. 18); vgl. jedoch auch Luisa Derosa, Per una storia dell’arte in Basilicata tra XII e XIII secolo. Due casi a confronto. In: Francesco Panarelli (Hrsg.), Alle fonti della Basilicata medievale. Edizioni, progetti e cantieri, Bari 2017, S. 313–340, hier S. 330–340. 55 Neumann, Domus Lagopesole (wie Anm. 53), Abb. 126–129. 56 Vgl. Cornelia Berger-Dittscheid, Fossanova. Architektur und Geschichte des ältesten Zisterzienserkloster in Mittelitalien. „Oratorium hoc sit dicitur …“ (Römische Studien der Biblio- theca Hertziana, Bd. 41), München 2018, S. 215–218; der terminus ante quem bereits in: Hans-Christoph Dittscheid/ Cornelia Berger, Schwibbogensäle in Fossanova. Ein Beitrag zur Klosterbaukunst der Zisterzienser im Mittelmeerraum. In: Franz J. Much (Hrsg.), Baukunst des Mittelalters in Euro- pa. Hans Erich Kubach zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1988, S. 401–414, hier S. 407. 57 Margherita Tabanelli, Il castello e la sua foresta. Caccia e rappresentazioni della natura nelle sculture di Lagopesole. In: Anna Maria D’Achille/Antonio Iacobini/Pio Francesco Pis- tilli (Hrsg.), Domus sapienter staurata. Scritti di storia dell’arte per Marina Righetti, Cinisello Balsamo 2021, S. 565–573, hier S. 567. 58 Zur Bauskulptur von Lagopesole gibt es in jüngerer Zeit drei spezifische Studien: Marina Righetti, La scultura del castello di Lagopesole. In: Angiola Maria Romanini (Hrsg.), Federico II e l’arte del Duecento italiano (Collana di saggi e testi, Bd. 20), Galatina 1980, S. 237–252; Neumann, Domus Lagopesole (wie Anm. 53), S. 179–278; Luisa Derosa, La decorazione scultorea del castello di Lagopesole. In: Fulvio Delle Donne (Hrsg.), „Ad consueta solacia Lacus Pensulis.“ Il castello di Lagopesole tra età sveva e angionina (Quaderni del Centro di Studi Normanno-Svevi, Bd. 6), Bari 2018, S. 125–155. 59 Russo, Hammam (wie Anm. 12), S. 99–102; dessen Analyse kann jedoch durch Befunduntersuchungen deutlich präzi- siert werden. 60 Kappel, „Per nos …“ (wie Anm. 18), S. 159–161. Burgen und Schlösser 2/2025 77
Deutsche Zusammenfassungen Kai Kappel / Klaus Tragbar: Sommer- residenzen und herrscherliche Refu- gien um den Monte Vulture (Süd- italien) Der Artikel, der auf einem noch laufenden For- schungsprojekt basiert (»Summer Residences and Retreats of the Rulers around Mount Vulture. Living Comfort and Experience of Nature in the Late Hohenstaufen-Early Angevin Southern Italy«), untersucht die spätstaufisch-frühangevinischen Sommerresidenzen und herrscherlichen Rückzugs- orte in Süditalien, insbesondere die Anlagen in Gravina in Puglia, Palazzo San Gervasio und Lago- pesole. Diese Bauten, die zwischen 1230 und 1285 entstanden, zeigen eine bemerkenswerte Kontinu- ität trotz politischer Umbrüche von der staufischen zur angevinischen Herrschaft. Sie dienten als Orte der Muße, strategische Positionen und Zeichen herrscherlicher Präsenz. Die Residenzen interagierten stark mit ihrer Umge- bung und boten Komfort wie Zisternen, Latrinen und Belvederes. ie waren oft landschaftsbeherr- schend positioniert und ermöglichten Ausblicke in die Natur sowie astronomische Beobachtungen. Die Architektur zeigt Einflüsse der römischen Anti- ke, byzantinischen, islamischen und normanni- schen Kultur. Gravina in Puglia, Palazzo San Gervasio und Lago- pesole weisen jeweils spezifische Merkmale auf: Gravina mit einem Palas und Anbauten, Palazzo San Gervasio mit turmartigen Annexen und Lago- pesole mit einer Kapelle und einem großen Turm. Alle drei Anlagen waren über römische Straßen gut erreichbar und boten hohen Wohnkomfort. Die Forschung zu diesen Bauten ist noch nicht abge- schlossen, und der Artikel betont die Notwendig- keit interdisziplinärer Ansätze zur weiteren Unter- suchung. Benjamin Rudolph: Geschichte und Baugestalt der Burg in Herrieden im Landkreis Ansbach/Mittelfranken: Gesamtanlage und Torhaus Das bedeutendste profane Baudenkmal der an der Altmühl gelegenen Stadt Herrieden ist das in ihrer Nordostecke gelegene Schloss. Es ging aus einer Anfang des 15. Jahrhunderts gegründeten Burg der Bischöfe von Eichstätt hervor und diente ab dem 17. Jahrhundert als Brauerei. Die Grundform der Burg entspricht einem polygo- nal gebrochenen Dreieck mit Spitze nach Norden. Die Ringmaueranlage hatte ein Tor nach Westen, einen Wohnbau im Südosten und einen Bergfried an der Nordspitze. Die erhaltenen Ringmauerab- schnitte zeigen Buckelquader mit Randschlag, Zan- genlöcher sowie vereinzelt Steinmetzzeichen. Die verhältnismäßig nachlässige Ausführung des Mau- erwerks, sichtbar in nicht-durchgehenden Lagerfu- gen, Versprüngen und teilweise unregelmäßigen Quaderformen, spricht für eine Entstehung um 1412 (Bauinschrift über dem Ringmauertor). Vor dem einfachen Ringmauertor wurde im Jahre 1510 ein Torhaus als zweigeschossiger, verputzten Bruchsteinbau errichtet, der primär mit Satteldach zwischen zwei Staffelgiebeln abgeschlossen war. Der Bau von 1510 ist weitgehend überkommen, wurde jedoch im 18. und 19. Jahrhundert über- formt. Die Balkendecke der Torfahrt stammt noch aus dem Jahr 1510 (d). Die beiden Toröffnungen wurden im 18. und 19. Jahrhundert erneuert. Das innere Ring- mauertor war wohl ursprünglich wohl spitzbogig geschlossen, der äußere Torbogen rundbogig. Das Obergeschoss konnte durch mehrere Schießschar- ten in Schartenkammern verteidigt werden. Sowohl das Ringmauertor des 15. Jahrhundert als auch der Torbau von 1510 sind feldseitig durch gro- ße repräsentativ gestaltete Bauinschriften in Gestalt von Stiftertafeln hervorgehoben. Antonio Esposito: Die Quadratur- malerei des Schwarzen Saals von Hans Werl in der Münchner Residenz von 1602: eine gemalte Synthese des frühen Architekturstils von Hans Krumpper Das Quadraturagemälde im Schwarzen Saal der Münchner Residenz ist eines der frühesten Beispie- le der Quadraturamalerei in Süddeutschland und markiert den Beginn dieser im deutschen Barock weit verbreiteten Darstellungsform, wie spätere Beispiele belegen. Werl gestaltete 1602 die Decke des Schwarzen Saals in der Technik Öl auf Lein- wand, wobei die Leinwand auf einen Holzrahmen gespannt wurde, um sie zu fixieren. Die Geometrie der Decke wird als sargähnlich definiert, mit einer flachen zentralen Fläche und vier Vorsprüngen mit zwei unterschiedlichen Neigungen für jede Achse des Raumes. Die Gestaltung des Raumes und seiner Decke führt zu einigen Hypothesen über die Aus- führung des Werler Quadraturbildes vor Ort: 1. Unregelmäßiger Grundriss der Decke und des Raumes 2. Die Notwendigkeit, eine perspektivische Homo- genität zwischen der Komposition des flachen Teils der Decke und der vier seitlichen Schrägen zu schaffen. 78 Burgen und Schlösser 2/2025
Es wäre sehr riskant gewesen, alle vier Teile der Schrägen perspektivisch darzustellen, angesichts ihrer Neigung und der zu erzielenden perspektiv- ischen Kontinuität. Die Komposition des illusionis- tischen Raumes besteht aus einer elliptischen Kup- pel, die von einem korinthischen Gewölbe mit Kreuzgratgewölbe darunter und einer Attika über dem Gewölbe bedeckt ist. Die vier Schrägen sind mit Konsolen mit Büsten verziert. Gerade die in den Schrägen wiedergegebenen Details verdeutlichen den Aspekt der stilistischen Kontinuität zwischen realer und gemalter Architektur, den Sjöstrom in seiner Dissertation über die Quadratur diskutiert. Das Motiv der Konsolen mit Büsten wiederholt sich auch in der Dekoration der Innenfassaden des Anti- quariums, die Hans Krummper Anfang des 17. Jahrhunderts entwarf. Die Quadratur weist noch mehr Bezüge zum Bau der Residenz in den frühen 1600er Jahren auf (nach der neuen Chronologie von Jan Lutteroth und Hoppe), wenn man bedenkt, dass im Inneren der Residenz Dekormotive vorhanden sind, die an die Stucklösungen Krumppers erinnern (im Inneren der monumentalen Treppe und des Oktogons). Der Einfluss Krumppers (und damit auch italienischer Motive, von denen sich Krumpper selbst oft inspi- rieren ließ) auf die Werler Komposition zeigt sich auch im letzten Säulenorden, der mit der ellip- tischen Kuppel korrespondiert, wo die dekorativen Motive der einzelnen Elemente des Ordens wie- derum anderen stilistischen Lösungen des deutschen Architekten und Bildhauers ähneln. Um diese Kontinuität zu den architektonischen Stilelementen Krumppers und seiner Mitarbeiter im Werler Werk zu unterstreichen, wurde versucht, die wahrnehmungsbezogene und geometrische Modalität der Ordnungselemente zu rekonstruie- ren. Dies geschah, um zu verstehen, ob es Ähnlich- keiten zwischen den dargestellten Ordnungen und denen in Krumppers anderen Entwürfen auf pro- portionaler Ebene gibt. Die gleiche Analysemeth- ode wurde auf die Ordnungen italienischer Architekten wie Serlio, Vignola, Palladio und Scamozzi angewandt, um zu verstehen, ob die stil- istischen Einflüsse der italienischen Architektur, die bei Krumpper zu finden sind, auch auf die illu- sionistische Architekturdarstellung Werls übertra- gen werden können. Markus Sausen: Der thorm zu Pumer – Spurensuche zum untergegangenen Bockturm in Pommern an der Mosel Etwa 10 Kilometer flussabwärts von der rheinland- pfälzischen Kreisstadt Cochem an der Mosel liegt der kleine Ort Pommern. Wer als geschichtlich interessierte Person von Pommern an der Mosel liest, denkt zuerst an Kelten und Römer, liegt der Ort doch am Fuße des Martberg - einem der vier großen Opida der keltischen Treverer - mit seinem in jüngster Vergangenheit rekonstruierten Gallorö- mischen Tempelbezirk. Mit dem Mittelalter hinge- gen wird Pommern kaum assoziiert. Dabei gab es einst in Pommern gleich zwei Burganlagen, - den Stockturm und den Bockturm, letzterer auch als von der Leyensche Kellerei bekannt. Während der Stockturm heute als Wohnhaus genutzt wird, sucht man nach dem Bockturm vergeblich. Der Turm ist dem Bau der „Kanonenbahn“ Berlin-Metz zum Opfer gefallen. Der vorliegende Beitrag untersucht die Geschichte des Bockturms in Pommern an der Mosel, von seiner mittelalterlichen Entstehung als Burg der Vögte über wechselnde Besitzverhältnis- se bis zu seiner Zerstörung 1878 durch den Bau der Moselbahn. Bei den Recherchen kamen einige bis- lang unbekannte Fakten zum Pommerner Hochge- richt zu Tage, unter denen sich die Burggründung und die Besitzverhältnisse in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts aus einem völlig neuen Blick- winkel betrachten lassen. Im Beitrag wird sich zudem auch auf schriftliche, bildliche und bauliche Spurensuche zum Bockturm begeben. Burgen und Schlösser 2/2025 79
Rezensionen English summaries English summaries (Mick Swithinbank) Kai Kappel / Klaus Tragbar: Summer residences and retreats of the rulers around Mount Vulture (southern Italy) The article is based on a research project that is still in progress (“Summer Residences and Retreats of the Rulers around Mount Vulture. Living Comfort and Experience of Nature in Late Hohenstaufen-Ear- ly Angevin Southern Italy”). It is looking at Late Hohenstaufen/Early Angevin summer residences and retreats belonging to rulers in southern Ita- ly, particularly those in Gravina in Apulia, Palazzo San Gervasio and Lagopesole. These structures, built between 1230 and 1285, display a remarka- ble continuity despite the political upheavals that marked the transition from the Hohenstaufen to the Angevin rulers. They served as places in which to spend leisure time, strategic bases and symbols of authority. The residences interacted strongly with their sur- roundings and were equipped with such creature comforts as cisterns, latrines and belvederes. They were often located in places that dominated the landscape and afforded panoramas of nature and opportunities for astronomical observations. The architecture displays influences of Roman antiquity and Byzantine, Islamic and Norman culture. Gravina in Apulia, Palazzo San Gervasio and La- gopesole each possesses its own particular features: Gravina its residential quarters and attached struc- tures, Palazzo San Gervasio its tower-like annexes and Lagopesole its chapel and a large tower. All three complexes were readily accessible by means of Roman roads and comfortable to live in. Research on these structures still remains to be completed, and the article stresses the need for interdiscipli- nary approaches to its continuation. Benjamin Rudolph: History and fabric of the castle in Herrieden in the rural district of Ansbach (central Franconia): the overall complex and the gatehouse Religious edifices apart, the most significant histor- ic building in the town of Herrieden on the river Altmühl is the castle in its northeast corner. It has its origins in a castle founded in the early 15th century by the bishops of Eichstätt, and served as a brewery from the 17th century. The basic form of the castle was a triangle, albeit with polygonal irregularities, with its apex to the north. The curtain wall incorporated a gateway to the west, a residential building in the southeast and a keep at the northern point. The surviving sections of the curtain wall contain rusticated ashlars with more finely worked edges, pincer holes and, in a few places, stonemasons’ marks. The relatively careless finishing of the masonry, evidenced in discontinu- ous horizontal joints, jumps in the pattern and in some cases irregularly shaped ashlars, suggests an origin around 1412 (inscription above the gateway in the curtain wall). In front of the simple gateway in the curtain wall, a gatehouse was built in 1510 in the form of a two-sto- rey building of undressed stone coated in plaster, mainly covered with a saddleback roof between two stepped gables. The structure dating from 1510 has largely survived, but was modified in the 18th and 19th centuries. The beamed ceiling of the passageway between the inner and outer gates dates back to 1510 (d). The two openings for the gates were renewed in the 18th and 19th centuries. The gateway in the inner curtain wall probably originally had an ogival arch, while the arch over the outer gateway was round. The upper floor could be defended through a number of loopholes in embrasure chambers. Both the 15th century gate in the curtain wall and the gateway dating from 1510 feature imposingly designed inscriptions on commemorative plaques facing outwards. Burgen und Schlösser 2/2025 127
Rezensionen Markus Sausen: The “thorm zu Pumer” (tower in Pommern) – searching for traces of the vanished Bockturm in Pommern on the Moselle Some 10 kilometres downstream of the district capital Cochem an der Mosel in Rhineland-Palat- inate lies a small place called Pommern. If you are interested in history, your first thought upon reading about Pommern on the Moselle will be of the Celts and the Romans: after all, the settlement lies at the foot of the Martberg – one of the four large oppida of the Celtic Treveri – with its very re- cently reconstructed Gallo-Roman temple precinct. On the other hand, Pommern is hardly associated with the Middle Ages. Yet at one time there were no fewer than two castle complexes in Pommern – the Stockturm and the Bockturm, the latter also being known as von der Leyensche Kellerei. Whereas the Stockturm is now a residential building, the Bock- turm tower is nowhere to be found. It fell victim to the building of the railway line from Berlin to Metz in the 1870s, a project which was important for reasons of military strategy. The article investi- gates the history of the Bockturm in Pommern on the Moselle, from its origins in the Middle Ages as a castle used by bailiffs, followed by fluctuating ownership arrangements, until its destruction in 1878 in connection with the building of the Moselle railway line. The research revealed a number of hitherto unknown facts about the Pommern High Court, including some that shed a completely new light on the foundation of the castle and its own- ership in the second half of the 13th century. The article also recounts efforts to find traces of the Bockturm in the form of documentation, pictures and architectural remains. Die Autoren dieses Heftes Thomas Bitterli-Waldvogel, Langgrütstrasse 141, CH ‒ 8047 Zürich Mail: thomas.bitterli@hispeed.ch Antonio Esposito M.A., DFG-Graduiertenkolleg „Modell Romantik“, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Bachstraße 18k, 07743 Jena Mail: antonio.esposito@uni-jena.de Dr. Jens Friedhoff, Europäisches Burgeninstitut, Schloss-Str. 5, 56338 Braubach Mail: ebi.friedhoff@deutsche-burgen.org Prof. Dr. Yves Henigfeld, Université Nantes, UFR Histoire, Histoire de l‘Art et Archéolo- gie – Chemin de la Censive-du-Tertre BP 81227, F – 44312 Nantes Cedex 3 Mail: Yves.Henigfeld@univ-nantes.fr Prof. Dr. Kai Kappel, Professur für die Geschichte der Architektur und des Städtebaus, Institut für Kunst- und Bildgeschichte der HU Berlin, Geor- genstraße 47, 10117 Berlin, Postanschrift: Unter den Linden 6, 10099 Berlin Mail: kai.kappel@culture.hu-berlin.de Benjamin Rudolph MScArch. Architekt, SUM MO- NUMENTUM, Bauaufnahme– Bauforschung – Denkmalpflege, Deubach 27j, 99848 Schönau (Hörsel) Mail: benjamin.rudolph@sum-monumentum.de Markus Sausen, Am Plenzer 13, 56253 Treis-Karden Mail: msausen@gmx.de Prof. Dr.-Ing. Klaus Tragbar, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Katharina-von-Bora-Straße 10, 80333 München Mail: K.Tragbar@zikg.eu https://orcid.org/0000-0003-1188-3593 Dr. Heiko Wagner, Oberer Zirkel 81, 79341 Ken- zingen Mail: burgen-wagner@web.de 128 Burgen und Schlösser 2/2025