Landesgruppe Nord

 
Veranstaltungsrückblick
 
50 Jahre LG Nord -
Ein Tagesausflug mit 50 Teilnehmern zu den Perlen Mecklenburg-Vorpommerns
 

Unsere Jubiläumsfahrt führt uns in einem äußerst komfortablen Riesenbus pünktlich um 9:30 Uhr vom Hamburger ZOB mit exakt 50 Teilnehmern zu Perlen Mecklenburgs. Zunächst fahren wir über die A1, Richtung Lübeck, wo wir an einem vereinbarten Treffpunkt noch unsere Holsteiner Mitreisenden aufnehmen, und weiter auf der A20 Richtung Schwerin. Auf der kurzen Fahrt stimmen sich die Mitglieder der LG Nord und einige Gäste mit einem Gläschen „Jubiläumsbrause“ auf einen wunderschönen Tag bei schönstem Sonnenschein auf unsere Reise erfolgreich ein. Wie sich bald rausstellen sollte, waren aber unsere Damen aus der benachbarten Landesgruppe MV die wahren Perlen dieser Exkursion, weil sie es verstanden haben, unsere Gruppe von Beginn an zu begeistern. Lesen Sie selbst:

Schloss Schönfeld, Foto: Hannelore Leprich. 2018

Kurz hinter der Abfahrt Upahl steigt unsere Burgenfreundin, Frau Prof. Dr. Sabine Bock zu uns in den Bus, um in einleitenden Worten unser erstes Ziel, das Herrenhaus Schönfeld und seine Geschichte vorzustellen. Wie auch unser Vorstandsmitglied Detlev Blohm schon in dem von ihm bearbeiteten Exkursionsführer schreibt, „ist der Name dieser Gemarkung treffend.“
Nach herzlicher Begrüßung berichtet Dagmar v. Plessen, die von 1994 bis 2004 auch ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Mühlen-Eichen war, lebhaft von ihren Erfahrungen und Erlebnissen als „Rückkehrer“, und macht wieder einmal deutlich, wie sehr nur der persönliche Einsatz der Familie Schönfeld zu neuem Glanz verhelfen konnte, an dem wir bei der großzügigen Besichtigung der Innenräume teilhaben konnten. An dieser Stelle noch einmal unseren ganz großen Dank an die Familie v. Plessen.
Das Herrenhaus Schönfeld im Mühlen Eichsener Ortsteil Schönfeld im Landkreis Nordwestmecklenburg in Mecklenburg-Vorpommern ist ein im klassizistischen Stil errichtetes Herrenhaus aus dem frühen 19. Jahrhundert, aber bereits 1194 wird „Sconenuelde“ als Stiftsgut und nochmals um 1230 im Zehntregister der Bischöfe von Ratzeburg genannt. Erste Lehnsträger bis zum Ende des 15. Jahrhunderts waren vermutlich die Herren v. Schönfeld, zunächst unter den Grafen von Schwerin und - nach dem Verkauf der Grafschaft - den Herzögen von Mecklenburg. Viele neue Geschlechter kamen in den Besitz des Gutes, bis schließlich Johann Jacob v. Leers 1807 das Gut übernahm. Bis 1930 hatten sechs Generationen der Herren v. Leers auf Schönfeld gesessen. 1933 erwarb Bernhard v. Plessen das Anwesen. Nach der Wiedervereinigung bot die Treuhandanstalt das Gut zum Kauf an, und durch glückliche Umstände erhielt 1991 Christian v. Plessen den Zuschlag für das Herrenhaus. Christian und Dagmar v. Plessen restaurierten das schwerbeschädigte Herrenhaus mit großer Fachkenntnis und viel Fingerspitzengefühl. Seit 2006 führt Magnus v. Plessen den Landwirtschafts- und Forstbetrieb.

Schloss Wiligrad, Foto: Hannelore Leprich, 2018

Nach kurzer Fahrt erreichen wir Schloss Wiligrad, das am markanten Steilufer des Schweriner Außensees als Zentrum einer kleinen Idealsiedlung steht und heute unter anderem den Kunstverein Wiligrad e.V. beherbergt, dessen wichtigste Säule seiner Vereinstätigkeit seit Beginn 1991 die Galerie- und Ausstellungstätigkeit ist. Der Verein bietet Künstlern, vorrangig aus Mecklenburg-Vorpommern, aber auch aus anderen Bundesländern, eine Chance, sich zu präsentieren. 1996 entstand im Schlosspark das "Museum der Künstler - Skulpturenpark Schloss Wiligrad" mit gegenwärtig 26 Metallskulpturen.

Schloss Wiligrad, Foto: Hannelore Leprich, 2018

Die Führung vor Ort übernimmt Frau Dr. Friederike Drinkuth, Referatsleiterin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen M-V, die kenntnisreich und äußerst enthusiasmierend über die Geschichte und Architektur des Hauses berichtet.
Das Schloss Wiligrad wurde von 1896 bis 1898 nach Plänen von Albrecht Haupt und im Auftrag des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg und seiner Gemahlin, Herzogin Elisabeth, errichtet und blieb bis 1945 in herzoglichem Besitz. In seiner ersten Zeit war Wiligrad Ort wichtiger Entscheidungen und beliebter Treffpunkt. Neben den Besuchen des Kaisers und der Kaiserin waren in der Hauschronik des Schlosses auch zahlreiche Besuche aus den europäischen und asiatischen Fürstenhäusern verzeichnet. Nicht nur der Hochadel weilte auf Schloss Wiligrad, auch Staatsmänner, Senatoren der Hansestädte, Künstler und Schriftsteller besuchten den Herzog auf Schloss Wiligrad. Das Haus war zudem Ort zahlreicher Feierlichkeiten, wie dem Geburtstag der Herzogin am 28. Februar 1899.
Anlässlich des Kaisermanövers, das ab dem 3. September 1904 stattfand, weilte die Kaiserin mit ihrem Gefolge im Schloss Wiligrad. Kaiser Wilhelm II. residierte hingegen für die Zeit des Manövers im Schweriner Schloss. Während des Aufenthalts auf Schloss Wiligrad wurde die Verlobung des Kronprinzen Wilhelm von Preußen mit Cecilie von Mecklenburg-Schwerin bekanntgegeben.
Bis zum Kriegsende 1945 gehörte das Schloss Wiligrad zum Besitz des abgedankten Großherzogs und wurde von der in Schwerin ansässigen Großherzoglichen Vermögensverwaltung verwaltet. Im selben Jahr erfolgte die Enteignung der herzoglichen Familie. Seit 1991 ist das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern, Abteilung Landesarchäologie, im Schloss ansässig. Im Jahr 2003 übernahm die Verwaltung der staatlichen Schlösser und Gärten im Betrieb für Bau- und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern die Betreuung und Verwaltung des Gebäudeensembles Wiligrad. Sie organisierte die Instandsetzungs- und Erhaltungsmaßnahmen und die schrittweise Wiederherstellung des ursprünglichen Landschaftsparks.
Erwähnenswert ist auch noch, dass im Januar 2015 der Neuguss des Welfen-Löwen, der auch Braunschweiger Löwe genannt wird, seinen Platz vor dem Haupteingang des Schlosses fand. Die Nachbildung ersetzt das 1950 entfernte Original.

Schloss Wiligrad, Gruppenfoto, Foto: Hannelore Leprich, 2018

Vor dieser bemerkenswerten und geschichtsträchtigen Kulisse gesellen wir uns für das traditionelle Gruppenfoto zusammen.
Unser nächstes Ziel ist Schloss Plüschow, das 1763 von dem Hamburger Kaufmann Philipp Heinrich Freiherr von Stenglin (1718 Hamburg - 1793 Plüschow) erbaut wurde. 1802 kauft der mecklenburgische Erbprinz Friedrich Ludwig das Gebäude und die Ländereien und es wird zum Sommersitz des jungen Erbherzogs und seiner Frau Helena Pawlowna, der Tochter des russischen Zaren. Es bleibt bis zur Enteignung 1945 im Besitz der Familie.

Schloss Plüschow, Foto: Hannelore Leprich, 2018

Der schlichte, zweigeschossige Backsteinbau in elf Achsen wird in der Fassadenmitte sowohl an der Hof- wie auch an der Gartenseite durch übergiebelte Zwerchhäuser aufgewertet. Die Portale im Gebäude sind von Rocaillen bekrönt. Die Keller sind gewölbt. In eben diesen Kellergewölben erwarten uns auch ein köstlicher Mittagsimbiss aus Würstchen, Kartoffelsalat, Getränken, Kaffee und Tee, das uns die heutigen Nutzer um den Maler und Grafiker, Herrn Udo Rathke und seine aufmerksamen  „Hausgeister“ liebevoll reichen. Die großzügigen Räume des Schlosses werden seit 1990 unter der Trägerschaft des Förderkreises Schloss Plüschow e.V. als Künstlerhaus mit Ausstellungsräumen, Ateliers und Werkstätten genutzt. Eine permanente Ausstellung zeigt die Geschichte des Schlosses. Und auch diese ist spannend.
Plüschow wird erstmals 1230 in Urkunden erwähnt. Das Gut ist der Stammsitz der Familie von Plüskow, die in der damaligen Grafschaft Schwerin hohe Ämter bekleidet. Seit 1450 befindet sich Plüschow, ehemals meist Plüskow genannt, im Besitz der Familie von Bülow, bis 1758  Philipp Heinrich Stenglin Plüschow und die dazugehörigen Dörfer erwirbt.
Unter der Führung von Frau Prof. Dr. Sabine Bock, die ein beindruckendes Buch über die Plüschow – „Geschichte und Architektur eines mecklenburgischen Gutes“ – erstellt hat, erleben wir die Historie des Hauses nach. Besonders in Erinnerung bleibt die Geschichte des Fotografen Guglielmo Plüschow, der am 18. August 1852 als Wilhelm Eduard Hermann Gottlieb von Plüschow das Licht der Welt erblickt und später zu den ersten Freilichtfotografen seiner Zeit gehört. Sein Repertoire umfasste Porträtaufnahmen, aber vor allem Aktaufnahmen von weiblichen und männlichen Modellen. So ist ihm im Buch auch ein Kapitel unter dem Titel „Schwarzes Schaf oder genialer Künstler?“ gewidmet.
Die Raumaufteilung im Inneren des Gebäudes ist weitgehend unverändert. Das Obergeschoss ist durch ein Treppenhaus mit einer großen zweiläufigen Treppe erschlossen, in ihm sind drei klassizistischen Öfen aus der Zeit um 1810 erhalten. Die weiträumige Diele und weitere Erdgeschossräume sind mit Rokoko-Stuckdecken ausgestattet. Eine echte Mecklenburger Perle und ein reizendes Wohnhaus, das heute in erster Linie von Künstlern in separaten Ateliers genutzt wird.

Schloss Bothmer, Foto: Hannelore Leprich, 2018

Die Geschichte von Schloss Bothmer könnte verrückter kaum sein. Der Bauherr des von 1726 bis 1732 errichteten Schlosses, der aus der niedersächsischen Adelsfamilie Bothmer stammende Diplomat Hans Caspar von Bothmer, hat das vollendete Schloss nicht mehr gesehen. Er starb 1732 in London, wo er seit 1720 in seiner Funktion als „Erster Minister für die Deutschen Angelegenheiten“ in London an der Adresse Downing Street 10 bis zu seinem Tode 1732 Wohnung und Arbeitsplatz hatte. Bothmer hinterließ seinem Neffen Hans Caspar Gottfried und dessen Ehefrau Christine Margarethe von Bülow die äußerst imposante Anlage. Damit waren sie die ersten Bewohnern des Schlosses Bothmer, das in den folgenden Jahrhunderten als ständig bewohnter Familiensitz dient.
Der 1656 geborene Bothmer entstammte dem niederen niedersächsischen Landadel und wurde 1682 an den kurfürstlichen Hof von Hannover geholt. Seine herausragenden diplomatischen Fähigkeiten führten ihn an die Höfe, die politischen Machtzentren Europas. 1696 wurde er gemeinsam mit seinen Brüdern und seinem Vater zum Reichsfreiherren ernannt und 1713 zum Reichsgrafen erhoben. Ab 1711 diente Bothmer als Gesandter des Hauses Hannover in London, wo er 1714 maßgeblich an der Einsetzung Georgs I. als König von Großbritannien beteiligt war. Der Aufstieg in den höheren Adel und die damit verbundenen Eindrücke haben die Persönlichkeit Bothmers sicherlich beeinflusst uns so verfolgte Bothmer die Absicht, einen größeren Güterkomplex für die Errichtung eines Stammsitzes und zur Versorgung seiner Familie zu erwerben. Die finanziellen Möglichkeiten dazu erhielt er unter anderem durch König Georg, der dem Reichsgrafen zum Dank für den gewonnenen Thron großzügige Dotationen gewährte. In den Jahren 1721 bis 1731 wurden zahlreiche Güter im westlichen Mecklenburg erworben, deren Zentrum später die Schlossanlage Bothmer bilden wird.
Schloss Bothmer wurde durch den vermutlich aus Hannover stammenden Architekten Johann Friedrich Künnecke entworfen, der später für den Vorgängerbau des Ludwigsluster Schloss verantwortlich war.
Eine fast 300 Meter lange „Feston-Allee“ führt direkt auf das prachtvolles Gebäude zu, das rot durch die grünen Bäume leuchtet: Im beschaulichen Klützer Winkel zwischen den Hansestädten Lübeck und Wismar steht mit Schloss Bothmer die größte barocke Schlossanlage Mecklenburg-Vorpommerns. Typische Gestaltungsmerkmale des barocken Zeitalters kennzeichnen den Gebäudekomplex aus dreizehn einzelnen Baukörpern, die zu einer großen Gesamtanlage zusammengefügt sind. Vorbildcharakter bei der Konzeption des Gebäudekomplexes hatten wahrscheinlich Bauten und Ideen des italienischen Baumeisters Andrea Palladio, die zur Zeit der Erbauung von Schloss Bothmer in ihrer Organisation der damals hochmodernen Anlageform eines Landsitzes entsprachen. Die Anlage umfasst neben der Wohn- und Erholungs- auch Wirtschaftsfunktionen. Die Drei-Flügel-Anlage ist im Pavillon-Galerie-System errichtet – zweigeschossige Bauten, sogenannte Pavillons, werden mit eingeschossigen Bauten, den Galerien verbunden. Den Mittelpunkt bildet das Corps de Logis, das über bogenförmige Galerien, die sogenannten Cornichen, mit den nahezu würfelförmigen Kavaliershäusern verbunden ist. Dadurch wird vor dem Hauptgebäude ein nach Südosten geöffneter Ehrenhof gebildet. Auf die Pavillons folgen jeweils zwei siebenachsige Verbindungshäuser, an die sich weitere Kavaliershäuser anschließen und auf die im rechten Winkel je ein weiterer Verbindungsbau und ein abschließender Pavillon anstoßen. Gemeinsam bilden sie einen weiteren, fast 200 Meter breiten Hof. Der gesamte Gebäudekomplex ist aus Backstein errichtet und die Fugen sind rötlich gefärbt, sodass die Fassaden ein farblich einheitliches Bild vermitteln. Akzente werden durch angedeutete Rustika aus gelben Ziegeln und Schmuckdetails aus Sandstein gesetzt. Die Dächer waren einst farblich unterschiedlich gedeckt, das Corps de Logis und die Kavaliershäuser mit dunkelgrauen, die Verbindungsbauten mit roten Pfannen.
Zwei Jahrhunderte lang gehörte der Gebäudekomplex der Familie Bothmer - bis zu deren Enteignung 1945. Danach war er Kommandatur der Alliierten, in der DDR diente er als Altenheim. Nach der Wende scheiterten mehrere Versuche, das Anwesen zu privatisieren. Schließlich übernahm 2008 das Land das gesamte Ensemble aus 13 Gebäuden. Mithilfe von EU-Geldern ließ es das Schloss für insgesamt gut 36 Millionen Euro grundlegend sanieren.
Frau Dr. Drinkuth erzählt uns ausführlich und lebhaft über die Geschichte des Gebäudes und die seines Bauherren und führt uns durch die etwa 20 Räume des Haupthauses, in denen seit Mai 2015 eine moderne Ausstellung über Ort und Kultur informiert. Völlig erschöpft von diesen Eindrücken zieht es uns geradezu magisch in den Ostflügel der Anlage, in die von der Familie Sommer sehr gut geführte Restauration "Orangerie", wo wir auf der Terrasse zum angrenzenden Schlosspark mit erfrischenden Getränken versorgt werden und im Anschluss das Küchenteam eine mecklenburgische Küche mit raffiniert zubereiteten Speisen aus regionalen Produkten zaubert. Eine gelungene launige Rede unseres Vorstandsvorsitzenden, Dr. Klaus Püttmann lässt die 50 Jahre unsere Landesgruppe Nord noch einmal Revue passieren und wir denken gemeinsam an die vielen Fahrten und die wunderbaren Menschen, die uns dabei begleitet haben. Insbesondere wurden erwähnt unsere leider bereits verstorbenen Vorstandsmitglieder Christa Gräfin Lüttichau und Jürgen Sluyterman von Langeweyde, aber auch die Herren Dr. Klaus Dürr und Gründungsmitglied Thomas Meyer-Bretschneider, die beide leider kurzfristig absagen mussten.
Nach dem gelungenen Fest-Abend und den imposanten Eindrücken des Tages, die uns die wahren Perlen Mecklenburgs, unsere Burgenfreundinnen der Landesgruppe MV, Frau Dr. Friederike Drinkuth und Frau Prof. Dr. Sabine Bock, beschert haben, geht es heimwärts gen Hamburg, wo wir glücklich und zufrieden gegen 23 Uhr am Hamburger ZOB eintreffen.

 
Wir danken allen Mitreisenden für diesen gelungen Ausflug und freuen uns gemeinsam auf die nächsten Jahre mit der Landesgruppe Nord der Deutschen Burgenvereinigung.

Der Vorstand

Autor:  Hinrich Lührs
Fotos:  Hannelore Leprich
Quellen:
gutshaeuser.de
schloss-bothmer.info
Wikipedia
NDR