Landesgruppe Nord
Veranstaltungsrückblick
Tagesexkursion zu den

Grafen Rantzau

am 24. Oktober 2009

Wappen der Grafen Rantzau

Blick durch die Toreinfahrt von Rastorf

Für unsere Herbstfahrt 2009 hatten wir uns wieder einmal den Besuch von Herrensitzen der für die Geschichte Schleswig-Holsteins so bedeutenden Familie Rantzau vorgenommen. Unterstützt durch die Kontakte unseres Mitgliedes Frau Janssen konnten die Organisatoren Frau von Pentz und Herr Lührs ein interessantes Programm anbieten, das gerne von 45 Mitgliedern und Gästen der Landesgruppe Nord genutzt wurde.
Unser erstes Ziel war Gut Rastorf, welches als Radesthorpe (Rodungsdorf) zu Beginn des 13.Jhdts. erstmalig urkundlich erwähnt wurde.

Es kam Anfang des 15.Jhdts. in den Besitz der Familie Rantzau, in dem es bis heute geblieben ist, abgesehen von einem kurzen Intermezzo durch die Familien Ahlefeldt und Buchwaldt im 17. Jhdt.

Rastorf Gutsanlage

Rastorf Grundriss Gutsanlage

Führte uns die Anreise noch durch eine typisch norddeutsche „Suppe“, so lichtete sich der Nebel bei unserem Eintreffen und die herbstliche Sonne setzte den herrschaftlichen Besitz in ein schönes Licht.

Torhaus, Außenseite Torhaus, Innenansicht

Familie zu Rantzau und Frau Janssen
Der Hausherr, Kuno Graf zu Rantzau, und seine Gemahlin empfingen uns vor dem Herrenhaus, wo wir einen ersten Überblick über Geschichte und Funktion des historischen Baubestandes erhielten.

Die Gruppe lauscht den Erklärungen

Der im Schwentinetal gelegene barocke Gutshof wurde nach einem Brand 1720 durch den Hofbaumeister am Eutiner Hof, Rudolph Matthias Dallin, 1723-29 neu errichtet und war damit eine der ersten einheitlichen, axial gestalteten Barockanlagen im Lande mit dem 130 m langen Torhaus, der großen Scheune, dem Kuhhaus und den Kavallierhäusern.
Als Baumaterial wurde der heimische Backstein verwendet, wobei die Umrisslinien weiß gefasst und dadurch besonders betont wurden.

Kavaliershaus und Kuhhaus

Kavaliershaus und Scheune

Das Herrenhaus ist auf Vorgängerbauten durch Christian Friedrich Hansen 1802-06 errichtet worden. Das Gebäude hat fünf Achsen und weist zwei Haupt- und ein Mezzaningeschoss auf.
Die Fassade auf der Hofseite wird durch ein Portal mit Portikus von vier Säulen, auf der Gartenseite durch einen halbrunden Erkervorbau gegliedert.
Der linke Flügel wie auch einige Gebäude der Hofanlage wurden durch Bombenabwürfe im 2. Weltkrieg beschädigt.

So sind die Anstrengungen des jetzigen Besitzers sehr anzuerkennen, die historische Substanz der Gutsanlage wiederhergestellt und die land-wirtschaftliche Nutzung aufrecht erhalten zu haben.

Urgesteine der LG Nord, Herr Meyer-Bretschneider, Herr Lührs und Herr Wiebe

Rastorf, Grundriss Herrenahus

Herrenhaus, Vorderseite Herrenhaus, Gartenseite

Die Hausherren führten uns anschließend durch das Haus, wobei wir anhand der zahlreichen Portraits in liebenswürdiger Art und Weise in die Geschichte der Familie eingeführt wurden und u.a. lernten, dass am dänischen Hof französisch parliert, mit den Bediensteten deutsch und mit den Hunden dänisch gesprochen wurde.




Dankbar für die gewährte Gastfreundschaft verabschiedeten wir uns zur Weiterfahrt durch die reizvolle ostholsteinische Landschaft nach Pronstorf, wo uns der Nebel leider wieder einholte. Gestärkt durch ein wohlschmeckendes Mittagessen betraten wir durch das mächtige Torhaus von 1914 den Gutshof von Pronstorf.

Herr Lührs mit einem dänisch sprechenden Dackel ;-)

Pronstorf wurde 1307 erstmals erwähnt und war, abgesehen von der Zeit 1490-1520, bis 1887 im Besitz der Familie von Buchwaldt, als es durch Heirat an die Grafen von Rantzau überging.
 

LG Nord

Die mit mächtigen Bäumen gesäumte Allee führte uns vor das 1726-28 errichtete Herrenhaus, einen repräsentativen Backsteinbau mit Vorplatz, der als eines der bedeutendsten Werke der profanen Barockarchitektur in Holstein gilt, mit seitlich vorgelagertem Kavalierhaus von 1790 und einem Teehaus (Anfang 19.Jhdt.).

Der Erbauer des zweigeschossigen, in Backstein aufgeführten Hauses mit hohem Kellersockel und Mittelrisalit ist nicht zweifelsfrei nachzuweisen.

Pronstorf, Torhaus

Gutsbezirkskarte als pdf

Wir betraten, eingeladen durch Gräfin Rantzau, durch das 1780 von J. P. Richter errichtete Sandsteinportal mit beidseitiger Treppe die Halle des Hauses und wurden gefangen genommen von dem Gartensaal in klassizistischer Gestalt von 1806 mit italienischen Landschaften, Schmalfeldern mit gemalten Götterfiguren und gemalten Supraporten mit Blumen und Früchten.
Der jetzige Besitzer, Hans Caspar Graf zu Rantzau, führte uns dann durch weitere Räumlichkeiten des Hauses, u.a. in den in schlichten klassizistischen Formen gehaltenen Festsaal im Obergeschoss und die Bibliothek.

Portal von 1780 (J .P. Richter) Portal, Detail
Graf Rantzau erklärt uns das Gelände

Auch hier ist es der Familie sehr anzurechnen, die durch Einquartierung nach dem 2. Weltkrieg ruinierte Bausubstanz in ein solches Kleinod zurückverwandelt zu haben.
So war es für uns sehr interessant zu hören, wie sich heute die wirtschaftliche Grundlage für solche Bemühungen ergibt. Graf zu Rantzau begab sich mit uns auf den Gutshof, der keine landwirtschaftliche Nutzung mehr aufweist und bis auf die historischen Großbauten entkernt wurde. Die für den betriebenen Ackerbau benötigte Infrastruktur wurde etwas abgesetzt neu errichtet, die Mastschweinehaltung abgeschafft.

 Mit Hilfe auf dem Gut beschäftigter Handwerker wurde das Kuhhaus zu einem 800 Zuhörer fassenden Spielort des Schleswig-Holstein-Musikfestivals ausgebaut und der restaurierte Kutschstall zu einer Stätte für Feiern, Lesungen, Tagungen etc. Das gewaltige Torhaus wird z.Zt. in Teilen zu einem kleinen Hotelbetrieb umgebaut. Alle Teilnehmer waren fasziniert von den Ausführungen des Grafen, der engagiert neue Wege sucht und geht, um auch der Verantwortung des historisch Gewachsenen gerecht zu werden und manch einer hat wohl auch beschlossen, zur „Pronstorfer Weihnacht“ auf das Gut zurückzukehren.

Kuhhaus, Detail Kutschenhaus
Teehaus Kavaliershaus

Es folgte ein kurzer Gang durch die sehr harmonisch wirkende Dorfbebauung, errichtet durch einen Vorgänger des Grafen für seine Beschäftigten und die Gutsadministration, zur spätromanischen Feldsteinkirche (um 1200) mit abseits stehendem Glockenturm. Bemerkenswert die Rokoko-Ausstattung mit Altar, Kanzel, Chorlogen und Taufe mit Taufengel sowie die Ausmalung der Decke des Kirchenschiffes von 1680 mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament.

Pronstorf, Dorfbild Pronstorf, Kirche

Kirchendecke

Kirchenschiff Chor

Ein kleiner Sektempfang beschloss diese Fahrt zu zwei eindrucksvollen Gutsanlagen und deren Besitzern, den Grafen Rantzau, deren Aufgeschlossenheit und Gastfreundschaft uns unvergessliche Eindrücke vermittelten und denen wir hiermit nochmals herzlich danken.

Kleiner Abschiedssekt am Bus Der Vorsitzende der LG Nord, Dr. Püttmann, bedankt sich bei Graf Rantzau
Text: Detlev Blohm, Bilder: Detlev Blohm und Frau Herzog