Vianden (LUX)


Bauforschung
 

Die ersten Befestigungen:
Dank einer hervorragenden topografischen wie auch geografischen Lage nahe an wichtigen regionalen Verbindungswegen, hat schon in antiker Zeit eine erste Befestigung existiert. Der Felsvorsprung über dem heutigen Dorf Vianden erlaubte die Kontrolle der Furt, die eine Durchquerung des Flusses Our ermöglichte, eines Wasserweges, der den Zugang zu den Tälern der Mosel und der Sauer bildete. Zum besseren Schutz wurde der südliche Endpunkt der Felsplatte vom nördlichen Teil getrennt durch einen ca. 10 m breiten und 9 m tiefen bogenförmigen Abschnittsgraben, der in den Fels gehauen wurde. Die auf diese Weise abgetrennte Fläche musste dann noch eingeebnet werden.

Diese aufwändigen Steinbruch-Arbeiten lieferten genügend Baumaterial für den Bau einer Schutzmauer welche an den weiter südlich gelagerten viereckigen Turm mit 10 Metern Seitenlänge angrenzte. Dieser Turm wurde später als einziges antikes Gebäude in die frühe mittelalterliche Burg integriert.


Pfostenlöcher sind Indiz für einen hölzernen Palisadenzaun, der die südwestliche, tiefer gelegene Vorburg nach einer ersten mittelalterlichen Belagerung schützen sollte. Zu dieser Zeit konnte man die Burg zu Fuß über einen Hohlweg im Südwesten erreichen.
 

Die erste mittelalterliche Burg:
Um das Jahr 1000 umschloss eine ovale Ringmauer, die am Rand des Plateaus ausgerichtet war, den bestehenden Turm mitsamt einem ersten hallenartigen Gebäude. Die Schutzmauer aus kleinen Schieferplatten, die mit Kalkmörtel bis zu einer Breite von 1 Meter aufgeschichtet wurden, konnte zu einem großen Teil in ihrem Verlauf nachgewiesen werden.

Während der Trenngraben zwischen Nord und Süd und der spätrömische Turm weiterhin genutzt wurden, wurde das gesicherte Plateau dadurch vergrößert, dass der Bereich zwischen der höchsten Felsoberfläche und der zwei Meter tiefer gelegenen Mauer aufgefüllt wurde. Für uns sind dadurch einige römische und frühmittelalterliche Keramikreste erhalten geblieben. Durch die archäologischen Ausgrabungen wurde der Nachweis eines 12 x 10 m langen Baues gegen die südwestliche Mauer erbracht.

Die erste bewohnte Burg:
Aller Wahrscheinlichkeit nach, wünschte Bertolf, Graf von Vianden, einen dauerhaften, repräsentativen Familiensitz. Der Bau des viereckigen Bergfriedes an der nördlichen Seite des Plateaus sowie ein wichtiger Umbau der Aula trugen dazu bei, dieses Ziel zu erreichen. Das Erdgeschoss des Gebäudes umfasste eine Küche, Wohnräume und Aborte. Somit kann festgestellt werden, dass Burg Vianden schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts als adlige Residenz angesehen werden konnte.
 

Änderungen in der Befestigung betrafen den Ersatz der hölzernen Palisaden durch eine Steinmauer, damit wurde die Vorburg ab diesem Zeitpunkt von einer ersten massiv gebauten Ringmauer geschützt.

Die erste romanische Phase:
Unter Graf Friedrich I von Vianden wurde in der zweiten Hälfte des 12. Jh. eine neue zweigeschossige Kapelle mit zehneckigem Grundriss errichtet. Die wichtigsten Merkmale dieser neuen monumentalen Kapelle sind die Zweigeschossigkeit, also die Überlagerung von zwei Ebenen, die durch eine zentrale Öffnung miteinander verbunden wurden, sowie die Süd-West-Orientierung des halbrunden Altarraumes. Für ihren Bau musste die ältere Ringmauer in diesem Bereich weichen. Lediglich das Fundament konnte teilweise für den Aufbau der dicken Außenmauern der Kapelle wieder verwendet werden. Der Raum links des Altarraums, vermutlich die Sakristei, gehört zu diesem frühen Baustadium.

Um den repräsentativen Anforderungen des Grafen Friedrich I von Vianden zu genügen, wurden die Palasfenster zu großen Doppelfenstern umgestaltet. Der alte Bergfried wurde durch einen Wohnturm mit drei Geschossen ersetzt. Der Wehrgang wurde auf Arkaden gestützt nach außen verlegt. Diese Konstruktion ist noch heute zu sehen.

Rekonstruktion erste romanische Burg

Es wird angenommen, dass man die zweigeschossige Kapelle, wie sie in Vianden entstanden war, seit 1170 in vornehmen Wohnburgen finden konnte und dass sie seitdem nicht mehr nur das Privileg kaiserlicher und bischöflicher Residenzen war. Das Gewölbe ruhte an den Rändern des Hauptschiffes auf Pilastern und in der Mitte auf sechs Pfeilern. Das einzige romanische Architekturelement, das man heute noch sehen kann, ist ein großes Doppelfenster im südöstlichen Teil der Kapelle.


 

Die zweite romanische Bauphase:
Fundamentale Erweiterungen zu Beginn des 13. Jh. beinhalteten in einer ersten Bauphase die Erweiterung um einen neuen Palas mit den Maßen 10 x 30 m zwischen den früheren Gebäuden und dem nördlich gelegenen Graben. Dieser Graben, als bleibendes Element der spät-römischen Besiedlung wurde vergrößert und als riesiger Keller genutzt. Zur gleichen Zeit wurde das Obergeschoss der Kapelle mit romanischen Stilelementen verändert.
 


 

Palas und Kapelle wurden durch eine Prunkgalerie mit Dreipassbogen miteinander verbunden.
 


 

Wenn man die Lage der Hauptbauten in der Burg analysiert, kann man feststellen, dass sie alle der lang gestreckten Achse des Felsplateaus angepasst wurden, alle Hauptfassaden weisen nach Nordosten. Diese architektonischen Charakteristika erlauben die Zuordnung der Burg von Vianden zu den hauptsächlich repräsentativen (Wohnburgen) und weniger zu den defensiv orientierten Burgen (Festungen). Zu fast der gleichen Zeit wurde ein neuer Turm mit achteckigem Grundriss in Verlängerung von dem gesamten linienförmig ausgerichteten Baukomplex hinzugefügt, und auf diese Weise der bauliche Anschluss an Palas, Galerie und Kapelle geschaffen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Friedrich III verantwortlich war für die eben geschilderte Entwicklung der Burg.
 

Die gotische Phase:
Grundriss gotische Burg

 
Dem allgemeinen Trend repräsentativer Architektur des 13. Jh. folgend, unterzog sich die Burg gotischen Veränderungen: der Palas, die monumentale Galerie, die Kapelle. Die Gebäude wurden ausgestattet mit hohen gotischen Dächern mit Treppengiebeln. Der Wohnturm wurde vergrößert und ein weiteres Wohngebäude, das „alte Jülicher“ wurde an der nördlichen Seite angefügt. Die nördliche Bastion war zu beiden Seiten umgeben von zwei Türmen. Diese gaben Vianden seine seitdem bekannte Silhouette. Die inneren Räume der Hauptgebäude wurden mit Gewölben ausgestattet.
 

Rekonstruktion gotische Burg

Um einen besseren Schutz des Burgzugangs zu erreichen, wurde die Ringmauer weiter den Berg herabgezogen. Heinrich I, Graf von Vianden und Namur, hatte damit den perfekten, imposanten Familiensitz und konnte damit mit dem Haus Luxemburg in Konkurrenz treten.

Letzte Veränderungen und Verfall:
Die Stahlstiche von Matthäus Merian geben uns eine realistische Ansicht des Schlosses um 1620. Zu dieser Zeit spielten die Grafen von Vianden politisch schon keine Rolle mehr. Nach dem Tod der Gräfin Marie von Sponheim und Vianden ohne legitimen Nachfolger, kamen die Grafschaft und die Burg an die ottonische Linie von Oranien-Nassau. In der Folge wurde die Burg auf ein Lagerhaus reduziert. Neben der Zerstörung von Gebäuden im Vorburghof, wurden neue Gebäude für Verwalter sowie landwirtschaftliche und Werkstätten gebaut. Der endgültige Schlusspunkt war erreicht, als ein Bürger Viandens, Wenzel Coster, die Burg bei einer Auktion ersteigerte und direkt mit der Demontage von metallenen und hölzernen Elementen der Dachkonstruktion begann, um davon finanziell zu profitieren.

19. Jh.

Während des 19. Jh. machten Architekten wie Ernest van Koenig und Charles Arendt nicht nur eine erste zeichnerische Dokumentation der Burg, insbesondere der Kapelle, sondern sie versuchten sich auch an einem teilweisen Wiederaufbau.


20. Jh.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden durch Bodo Ebhardt architektonische Studien und erste Verstärkungen durchgeführt. Er erneuerte komplett die Nordost-Fassade des Palas und der imposanten Galerie.

Der Staat Luxemburg erwarb die Burgruine im Jahre 1977 und begann sofort mit der Konsolidierung und mit Maßnahmen zum Wiederaufbau. Archäologische Ausgrabungen sowie bau-archäologische Analysen erlaubten das Nachvollziehen der chronologischen Entwicklung der Burg und ihrer baulichen Veränderungen.

Die gesammelten Informationen werden der Öffentlichkeit in einer verständnisvollen Zusammenfassung zur Verfügung gestellt werden.

In diesem Zusammenhang erlaubt uns die virtuelle Darstellung der Burg mittels der Laserscan-Technologie einen neuen Blick auf die Geschichte der Burg Vianden.