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Ausstellung: Das wehrtechnisch einzigartige Château-Gaillard unter Richard Löwenherz

08:00 - 17:00

Grindelweg 4, 52076 Aachen - Anfrage unter 0241 62 4500

16. Oktober bis 20. November 2021

​Das wehrtechnisch einzigartige Château-Gaillard an der Seine im
Bauzustand unter dem englischen König Richard Löwenherz
gegen den französischen König Philippe II. Auguste
Mit einer neuen Ausstellung möchte die Gesellschaft für Internationale Burgenkunde auf sich aufmerksam machen. In Monate langer Arbeit hat der Modellexperte Michael Siepen mit Hilfe seines Vaters
neue Historienmodelle erstellt, die sich einer ganz besonderen Epoche widmen. Die beiden schon vor
dem 3. Kreuzzug rivalisierenden Könige Richard Löwenherz von England und Philippe II. Auguste von
Frankreich errichteten gegen einander zahlreiche Burgen, von denen einige in der Ausstellung
vorgestellt werden.
Die Ausstellung besteht aus drei Übersichtsmodellen in M 1 : 250, zum einem dem Château-Gaillard
an der Seine des o.g. englischen Königs, auch Herrscher über das Angevinische Reich, gleichzeitig
Herzogs der Normandie; weiterhin dem Louvre von Paris und dem kleeblattförmigen Château
Etampes, beide zuletzt genannten Burgen errichtet unter dem französischen König. Das 10 qm große
Ausschnittmodell der Kernburg von Château Gaillard ist in M 1 : 25 in Szene gesetzt mit hunderten
von Bernhard Siepen epochenbezogen umgestalteten und handbemalten Figuren auf der Basis der Fa.
Preiser aus Rothenburg: Bauarbeiter aller Zünfte und englische Wachen im königlichen Feldlager.
Sogar die beiden Erzrivalen Richard und Philippe zu Pferd auf getrenntem Tisch sind anwesend. Über
5.000 Buchenholzelemente wurden in Tage langer Arbeit zugeschnitten, um kreisrunde Segmente
nachbauen zu können, eine große Herausforderung an die Baumeister, damals wie heute.
Mit den im Heiligen Land gewonnenen wehrtechnischen Erfahrungen ließ Richard auf seinen
französischen Territorien spornförmige Donjons, die Wehr- und Wohnbauten zugleich waren, in
Château-Gaillard, Issoudun und Talmont errichten. Neu waren auch schräge Mauerböschungen,
Talus genannt, gegen Unterminierung und Abprallen von Geschossen sowie auf Strebepfeilern
ruhende Maschikulis. Bis zu 2000 Handwerker haben laut Chronisten in nur zwei Jahren das 50.000
Livres teure Bauwerk auf einem Kalkfelsen oberhalb einer Seineschleife bei der Kleinstadt Les
Andelys zwischen Paris und Rouen errichtet, die den Staatshaushalt überschuldete.
Die von einem tiefen Felsgraben umgebene mandelförmige Kernburg schützt den Donjon durch eine
Mantelmauer aus 16 halbrunden Segmenten von 13 m Höhe, die im Modell aus tausenden
Buchenholzelementen zusammengesetzt wurden, eine Kunst für sich. An jedem Segment lassen sich
noch heute Balkenlöcher für hölzerne Wehrerker, Hurden genannt, feststellen, die Michael Siepen
einzeln baute. Spitz zulaufende Maschikulis schützten einst den zinnengekrönten Umgang des
Donjons, der sich laut Vorstellung von Eugène Viollet-le-Duc, dem bekannten Baurestaurator unter
Kaiser Napoleon III., in der Höhe als runder Turm mit einem Kegeldach fortsetzte.
Nach seinem frühen Tod in einer am 26.März 1199 stattgefundenen Belagerung der Burg ChâlusChabrol, in der ein Bolzen eines Armbrustschützen Richard Löwenherz ohne Aussicht auf Überleben
traf, übernahm sein Bruder Johann Ohneland die Herrschaft über das Angevinische Reich und die
Normandie.
Am 10. August 1203 griff Philipp Auguste nach mehreren mit Johann abgeschlossenen, jedoch
brüchigen Friedensverträgen mit 6.000 Männern Château-Gaillard an.
Roger de Lacy, der Kommandant der Garnison, wehrte sieben Monate lang alle Angriffe und
Erstürmungsversuche ab, bis der Hunger in der Burg überhand nahm und drei Viertel seiner Männer
ums Leben gekommen waren. Die Alten, Frauen und Kinder aus Petit Andely, die in der Burg
Zuflucht gefunden hatten, waren im Dezember allmählich vertrieben worden; die Belagerer ließen die
ersten von ihnen durch, aber dann entschied sich Philipp, sie nicht mehr passieren zu lassen, und sie
verhungern zu lassen, gefangen zwischen den Palisaden und den Mauern der beiden Lager.
Überdrüssig des englischen Widerstands, beendete Philipp August die Belagerung, indem er einen
Sturmangriff befahl, mit dem sich seine Truppen sukzessive aller Teile der Burg bemächtigten. Der
Überlieferung nach drangen die Franzosen durch die Latrinen im unteren Hof ein, tatsächlich aber
scheinen sie durch eines der niedrigen Fenster der Kapelle hineingekommen zu sein, die Johann
Ohneland trotz Abratens hatte bauen lassen. Die Garnison ergab sich am 6. März 1204, wodurch der
Weg frei war für die Franzosen, die Eroberung der Normandie bis zum Juni des Jahres
abzuschließen.

Kategorie:

Gesellschaft für Internationale Burgenkunde Aachen e.V.