Exkursionsberichte / Rückblicke unserer Veranstaltungen

Auf den Spuren Martin Luthers am 17. Juni 2017

 Die zweite Exkursion der LG Sachsen-Anhalt zu Burgen, Schlössern und historisch bedeutenden Baudenkmalen in unser Region am 17.06.2017 fand diesmal, wie könnte es auch anders sein, ganz im Zeichen des 500-jährigen Reformationsjubiläums statt. Ziel war Wittenberg, der wichtigste Wirkungsort des Reformators. Traditionell nahmen an dieser Exkursion auch wieder Studenten des Aufbaustudiengangs Denkmalpflege der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg teil. Treffpunkt war der Eingang zum Lutherhaus, dem sogenannten Augusteum, eine von vier UNESCO-Welterbestätten in Wittenberg.

Zunächst war jedoch Warten angesagt, denn die Studentengruppe aus Halle reiste mit der Deutschen Bahn an und die Ankunftszeit des Zuges deckte sich leider nicht ganz mit der vereinbarten Zeit des Treffens. Dies gab den inzwischen versammelten Teilnehmern der LG Sachsen-Anhalt aber Gelegenheit zu aufschlussreichen Beobachtungen. Beinahe im Minutentakt fuhren auf dem kleinen Rondell vor dem Augusteum Reisebusse vor, aus denen Massen von Luther-Touristen strömten. Der kleine Platz wurde innerhalb von wenigen Augenblicken zum Treffpunkt von Menschen zahlreicher Nationen aus nahezu allen Kontinenten dieser Welt. Zielstrebig folgten diese ihren gestrengen Führern und verschwanden alsbald in der großen Tordurchfahrt des Augusteums.

Nach einem kleinen akademischen Viertel waren dann auch die Studenten am Treffpunkt angelangt. Die Vorsitzende der LG Frau Dr. Schloms begrüßte alle Teilnehmer. Danach wurde zunächst der Innenhof des Augusteums besichtigt. Die große Vierflügelanlage stammt in ihren wesentlichen Teilen aus dem 16. Jh. Entstanden ist das Augusteum 1503/04 als Klosteranlage des Augustinermönchsordens, der nach der Gründung der Universität Wittenberg ein Domizil für die hier lehrenden Mönche benötigte. 1507 zog auch Martin Luther ein, der an der Universität promovierte und 1512 die Professur für Bibelerklärung übernahm. Infolge der Reformation, die durch Luthers berühmten Thesenanschlag im Jahr 1517 ausgelöst wurde, verwaiste das Kloster. 1524 schenkte der Kurfürst das Augusteum Martin Luther, der es als Wohnsitz für sich und seine Familie nutzte. Bis zu seinem Tod bewohnte die Familie das Gebäude. Heute birgt der Gebäudekomplex zwei Museen, das Museum Augusteum und das Museum Lutherhaus.
Lutherhaus, Hofansicht, Foto: Hans-Joachim Spindler, 2017
Unser Rundgang setzte sich an der Rückseite des Wohnhauses von Martin Luther auf der Südseite fort, wo wir die Ausgrabungsstätte eines Bauwerks aus dem 16. Jh., einem Teil der Luther'schen Wohnung, besichtigten. Unser Vorstandsmitglied Nadine Holesch, die an den Grabungen beteiligt war, erläuterte uns die für Laien nur schwer identifizierbaren Rudimente eines vermutlich turmartigen Anbaus, der Keller, Wirtschaftsräume und Latrinen enthielt. Die Ausgrabungen erbrachten eine große Ausbeute an Fundstücken, die wertvolle Einblicke in das Alltagsleben im Lutherhaus in der ersten Hälfte des 16. Jh. ergaben.
Lutherhaus, ausgegrabene und konservierte Ruinen eines Anbaus an der Rückseite, Foto: Hans-Joachim Spindler, 2017
Entlang der Elbseite der Altstadt schlenderten wir danach durch die zu Parks umgestalteten ehemaligen nachmittelalterlichen Festungsanlagen, wobei sich Gelegenheit ergab, Reste der mittelalterlichen Stadtmauer zu betrachten. Durch den Hof des Fridericianums, des eigentlichen Hauptgebäudes der "Leucorea", der einstigen Universität Wittenberg ging es zurück in die Collegienstraße. Im Hof des klassizistischen Dreiflügelbaus des Fridericianums klärte uns unser LG-Mitglied Prof. Fischer über die interessanten Hintergründe und näheren Umstände auf, die zur Vereinigung der beiden Universitäten in Wittenberg und Halle Anfang des 19. Jh. geführt hatten.

Entlang der Collegienstraße reihen sich weitere Sehenswürdigkeiten. An den überwiegend neuzeitlichen Gebäuden in dieser Straße verkünden zahlreiche Tafeln, welche bedeutenden Bewohner die früheren historischen Häuser beherbergt haben. Man findet hier neben den Namen berühmter Persönlichkeiten wie dem von Ulrich von Hutten, Johann Wolfgang von Goethe, Werner von Siemens und Gerhard Hauptmann auch von vielen weniger bekannten Zeitgenossen Luthers und von Vertretern aus Kunst und Wissenschaft vom 16. bis ins 20. Jh. Unerwähnt soll auch nicht der berühmte Dr. Faustus bleiben. Bemerkenswert ist das Melanchthonhaus, das weitgehend original erhaltene Wohnhaus des gelehrten Freundes und Mitstreiters Martin Luthers und ebenfalls UNESCO-Welterbestätte. Aus Zeitgründen mussten wir aber auf eine Besichtigung verzichten.

Vorbei am Marktplatz mit dem prächtigen Rathaus und den ehernen Denkmälern von Martin Luther und Philipp Melanchthon ging es nun zu den Cranachhöfen. Über Lucas Cranach den Älteren und seinen gleichnamigen Sohn Lucas Cranach den Jüngeren zu schreiben, würde den Rahmen dieses kleinen Exkursionsberichtes sprengen. Als begnadete Künstler, erfolgreiche Unternehmer, Apotheker und Politiker gehören sie zu den bedeutendsten Zeitzeugen der Reformation. Ihre Werke sind der Stolz zahlreicher Galerien im In- und Ausland. Die Cranachhöfe sind heute hervorragend restauriert und beherbergen ein Hotel, einen Gaststättenkomplex und kulturelle Einrichtungen. Und natürlich gibt es auch noch heute die Cranach-Apotheke.

Durch die Schlossstraße ging es nun zügig zum Schloss. Denn schließlich stehen im Mittelpunkt unserer Exkursionen ja vor allem Burgen, Schlösser und Herrenhäuser, so sehenswert und wertvoll auch andere Baudenkmäler sein mögen. Das Wittenberger Schloss ist leider nur noch ein recht unansehnlicher Kasten. Es besteht aus zwei Wohnflügeln und der Schlosskirche mit der berühmten Thesentür an der Schlossstraße als dritten Flügel. Die westlichen Außenecken flankieren mächtige Rundtürme, der südliche wuchtig, mit Flachdach und Kanonenscharten, ein echter Wehrturm, der nördliche dagegen, durch Aufstockung schlanker wirkend, zum Kirchturm umfunktioniert. Über dem umlaufenden Spruchband "Eine feste Burg ist unser Gott" thront auf filigranen neogotischen Maßwerkfenstern eine wuchtige Dachkuppel mit hoher Spitze.
Schloss Wittenberg, Nordwestecke im Schlosshof, rechts die Schlosskirche, dahinter der zum Kirchturm umgestaltete Nordwestturm des Schlosses mit filigraner Dachkuppel, Foto: Hans-Joachim Spundler, 2017
Der kolossale Baublock der beiden ehemals mit Ornamentik und großen spätgotischen Vorhangbogenfenstern reich geschmückten Wohnflügel beeindruckt heute nach mehrfachen Zerstörungen und Umbauten nur noch durch seine Größe und die schöne Lage am südwestlichen Ende der Altstadt. Von der ganzen Pracht sind nur noch die zweigeschossigen Loggien vor den Treppenhäusern in den beiden Hofecken des Bauwerks sowie Spuren vermauerter Fensteröffnungen erhalten geblieben. Der jüngste Flügel an der Südseite wurde erst in den letzten Jahren als Gästehaus des Evangelischen Predigerseminars errichtet. Im Hof des Schlosses erhielten wir einen kurzen Überblick zu seiner sehr wechselvollen Geschichte, die tiefe Spuren in seinem Antlitz hinterlassen hat. Urkundlich erstmals erwähnt wurde eine Burg im Jahr 1187. Wahrscheinlich war sie eine Gründung der Askanier, Nachfahren der Grafen von Ballenstedt und bekannter unter ihrem späteren Familiennamen Anhalt. Nach dem Sturz des sächsischen Herzogs Heinrich der Löwe im Jahr 1180 erhielt Bernhard von Brandenburg von Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Herzogtum Sachsen. Im Jahr 1296 erfolgte die Teilung in die beiden Herzogtümer Sachsen-Wittenberg und Sachsen-Lauenburg. Herzog Rudolf von Sachsen-Wittenberg ließ zwischen 1338 und 1340 anstelle der alten Burg einen Neubau errichten, der den Erfordernissen der herzoglichen Hofhaltung besser entsprach. 1356 wurde er durch die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. zu einem der sieben Kurfürsten und zum Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches erhoben, was wahrscheinlich weitere Baumaßnahmen im Schloss zur Folge hatte. Im Jahr 1485 teilten die Brüder Ernst und Albrecht in der Leipziger Teilung ihre Länder. Ernst, als der Ältere, erhielt die Kurwürde, die dazugehörigen Landesteile sowie große Gebiete in Thüringen, Albrecht erhielt die Kernländer der ehemaligen Mark Meißen und weitere Gebiete als Herzogtum Sachsen. 1486 wurde Friedrich III., der Sohn von Ernst, Kurfürst und wählte Wittenberg zu seiner Residenz. Als Friedrich der Weise, Beschützer und großzügiger Förderer Luthers und der Reformation ging er in die Geschichte ein. Bereits 1489 ließ er das Askanierschloss und die Reste der älteren Burg abbrechen und von 1490 bis 1496 nach Plänen von Konrad Pflüger, dem Erbauer des Schlosses Hartenfels in Torgau, einen neuen Residenzbau aufführen. Das Schloss erhielt eine reiche Innenausstattung mit zahlreichen Gemälden und Holzschnitzereien, diente aber auch als südwestlicher Eckpunkt der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung Wittenbergs. Die Schlosskirche wurde 1506 fertig gestellt. Im siebenjährigen Krieg wurde das Schloss bei der Beschießung von Stadt und Festung Wittenberg durch die Preußen schwer beschädigt und brannte samt der Kirche bis auf die Grundmauern ab. Danach notdürftig wieder hergestellt, diente es fortan unterschiedlichen Zwecken als Getreidespeicher, Kaserne, Stadtarchiv, Museum und Jugendherberge. Bis 2017 wurde es umfassend renoviert. Jetzt befinden sich im Schloss u.a. die Reformationsgeschichtliche Forschungsbibliothek, das Besucherzentrum für die Schlosskirche sowie in modernen Dachaufbauten Räume des Evangelischen Predigerseminars.
Schloss Wittenberg, Südwestecke im Schlosshof, links im Bild der Neubau des Gästehauses des evangelischen Predigerseminars, Foto. Hans-Joachim Spindler, 2017
Vom Schlosshof ging es in die Schlosskirche, die dritte UNESCO-Welterbestätte auf unserem Weg durch Wittenberg. Der langgestreckte, im Wesentlichen neogotische Bau enthält neben Grabdenkmälern der askanischen Kurfürsten und Herzöge von Sachsen auch die der ernestinischen Kurfürsten Friedrich der Weise und Johann der Beständige sowie die von Martin Luther, Philipp Melanchthon und zahlreichen anderen Gelehrten der Wittenberger Universität. Leider konnten wir die Kirche nicht recht besichtigen, zum einen wegen des großen Menschenandrangs, zum anderen, weil sie schon nach kurzem Aufenthalt wegen einer bevorstehenden Konzertprobe geräumt werden musste. Also noch ein kurzer Blick auf die falsche Thesentür mit den in Bronze gegossenen 95 Thesen Luthers, die zum Ausgangspunkt der gewaltigen Umwälzungen der Reformation wurden. Es ist natürlich nicht mehr die Originaltür, die leider bei den vielen Zerstörungen, die die Kirche samt dem Schloss erfahren hat, verbrannt ist.

Nach dem Mittagessen suchten wir mit der Stadtkirche St. Marien die vierte UNESCO-Welterbestätte auf. Hier erwartete uns Herr Bernhard Naumann, begeisterter Luther-Darsteller u.a. beim Volksfest "Luthers Hochzeit" und Kustos der Kirche. Sein nicht nur durch umfassende Sachkenntnis sondern auch von Witz und Humor geprägter Vortrag zur Baugeschichte der Kirche und zu den zahlreichen Kunstwerken, von denen viele von den beiden Cranachs bzw. aus deren Malerwerkstatt stammen, weckten unsere vom Mittagessen und den schon vorher gesammelten Eindrücken ermüdeten Lebensgeister sehr schnell wieder auf. Die zahlreichen Kunstwerke dieser Kirche zu schildern, dafür reicht der Raum in diesem Bericht nicht aus. Besonders bemerkenswert ist aber vor allem das große, dreiteilige Altarbild von Lucas Cranach dem Älteren und Lucas Cranach dem Jüngeren, der sogenannte "Reformationsaltar". Auf der Mitteltafel ist das letzte Abendmahl dargestellt. Martin Luther findet man im Gewand des "Junker Jörg" unter den Jüngern. Die linke Tafel zeigt das Sakrament der Taufe mit Philipp Melanchthon im Mittelpunkt, die rechte Tafel Johannes Bugenhagen, den ersten evangelischen Stadtpfarrer von Wittenberg. Die Predella zeigt noch einmal Luther bei der Predigt vor seiner Kirchgemeinde und dem gekreuzigten Christus.

Abschließend besuchten wir noch das Asisi-Panorama "Wittenberg 1517". Auf einer riesigen, fast 360° umspannenden Bildwand ist neben einer lebhaften und detailreichen Darstellung des Wittenberger Stadtlebens im 16. Jh. vor allem der Thesenanschlag von 1517 abgebildet. Dieser Besuch bildete den krönenden Abschluss unserer Exkursion auf den Spuren Martin Luthers.

Text und Fotos: Hans-Joachim Spindler

Zwei-Tages-Fahrt „Mühlhausen und Umland“
17.-18. September 2016

Die nach 1990 künstlich geschaffenen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen entbehren in ihrer Grenzziehung oftmals den historischen Gegebenheiten. Deshalb hält uns Sachsen-Anhalter selten die Grenze unseres Bundeslandes auf – wir fühlen uns in ganz Mitteldeutschland zu Hause. Das Ziel unserer diesjährigen Zwei-Tages-Exkursion führte uns deswegen in die mittelalterliche Reichsstadt Mühlhausen in Thüringen und deren nähere Umgebung.

Der erste Exkursionstag war ganz beherrscht von der Erkundung der Stadt Mühlhausen. Als eine der wenigen mitteldeutschen Städte ist seine mittelalterliche Stadtmauer nahezu vollständig erhalten. Seine ältesten Wehrtürme datieren auf das frühe 13. Jahrhundert. Eine Begehung des südwestlichen Ringes von außen und des nordwestlichen Abschnittes innerhalb des Wehrganges zeigte die beständige Entwicklung von verschiedenen Turmarten und der ehemaligen Lage der Tore über die Jahrhunderte. So stammt der älteste, sogenannte Hospitalturm laut dendrochronologischer Untersuchung aus dem Jahr 1204. Das danebenliegende Frauentor wurde letztmalig um 1900 für die Durchfahrt einer Straßenbahn umgebaut.
Mühlhausen. Vor dem Frauentor.
Unsere nächsten Ziele in der Stadt waren die beiden Hauptkirchen St. Marien und Divi Blasii. Beide Kirchen unterstanden vom 13. bis zum 16. Jahrhundert dem Deutschen Orden, der in der Reichsstadt Mühlhausen die Macht über nahezu alle Kirchen innehatte. Die gotischen Kirchen am Ober- und am Untermarkt sind bis auf wenige Ausnahmen nicht überformt – eine Ausnahme bildet der von Friedrich August Stüler entworfene Turm der Marienkirche aus preußischer Zeit. Auch die ehemalige Franziskanerkirche St. Crucis am Kornmarkt wurde von uns besichtig. Diese drei Kirchen sind bedeutendsten der elf erhaltenen Sakralbauten der Stadt und stehen stellvertretend als Wirkungsorte solch bekannter Persönlichkeiten wie Thomas Müntzer – Reformator zu Luthers Zeiten – und Johann Sebastian Bach. Mühlhausen ist Modellstadt für die Umnutzung kirchlicher Gebäude. Ob Theater, Jugendhaus, Stadtbibliothek, Museum oder Gedenkstätte – die Kirchen Mühlhausens werden aktiv genutzt und sind dem Verfall vorerst entrissen.
Höhepunkt des Tages war die Besichtigung des Mühlhäuser Rathauses, das in seinen Grundmauern aus dem frühen 13. Jahrhundert stammt und bis um 1600 zu der heutigen unregelmäßigen Vierflügel-Anlage erweitert wurde. Verfasserin, als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Mühlhäuser Stadtarchivs tätig, gab Einblicke in die schriftliche Überlieferung der historischen Stadt. Das über 800-jährige Archiv der ehemaligen Reichsstadt Mühlhausen ist eines der ältesten und bedeutendsten Kommunalarchive Thüringens. Es verfügt über einen einmaligen Altbestand an Urkunden, Chroniken, Akten und Karten, die fast ohne Verluste überkommen sind und noch heute an historischer Stelle im Rathaus in z.T. originalem Archivmobiliar verwahrt werden.
Mühlhausen. Reichsstädtisches Archiv im historischen Rathaus.

Finale unserer Mühlhausen-Erkundung war eine Orgel-Führung auf der von J. S. Bach erdachten und von Albert Schweitzer umgesetzten Schuke-Orgel in Divi Blasii. Selbstverständlich durfte ein zünftiges Abendessen im Mühlhäuser Brauhaus nicht fehlen und ließ den ersten Abend fröhlich ausklingen.

Der zweite Tag führte uns zuerst in ein ehemals zu Mühlhausen gehöriges reichsstädtisches Dorf südlich der Stadt – nach Seebach. Dort befindet sich in einer ursprünglich romanischen, im 19./20. Jahrhundert jedoch stark überformten Wasserburg die deutsche Vogelschutzwarte Seebach. Der dortige Freundeskreis zum Schutz der Anlage empfing uns in historisch anmutendem Gewand und mit Dudelsack – eine aufheiternde Angelegenheit. Eine Führung durch die sanierte Burg machte deutlich, dass gerade diese kleinen Objekte eklatant schlecht erforscht und bei der Sanierung oftmals mangelhaft denkmalpflegerisch betreut werden. Das burgenreiche Thüringen hat enormen Bedarf, seine zahlreichen Burgen- und Schlossanlagen angemessen zu untersuchen.
Gruppenbild im Dachgeschoss der Wasserburg Seebach.
Unser Mittagessen fand in der sogenannten Lengefelder Warte statt. Damit knüpften wir an den bereits am Vortag besichtigten inneren Mauerring Mühlhausens noch einmal thematisch an. Denn neben einem inneren Ring um die eigentliche Reichsstadt und einem äußeren Mauerring um deren Vorstädte, umgab Mühlhausen sein Landgebiet nach Nordwesten mit einem Landgraben-Warten-System, das den aufdringlichen Mainzer Kurfürsten im Eichsfeld halten sollte. Nur wenig ist von dieser imposanten mittelalterlichen Landschaftsgestaltung erhalten.

Die beiden letzten Etappen unserer Reise, besuchte die DBV bereits zu seiner Jahresfahrt nach Kassel 2013. Zunächst erkundeten wir die Burgruine Hanstein und wechselten dann ins hessische nach Schloss Berlepsch. Der völlig differente Erhaltungszustand und Nutzungsgrad dieser beiden Anlagen machte einmal mehr deutlich, was mit herrschaftlichen Landsitzen geschieht, wenn es die Herrschaft nicht mehr gibt. Burg Hanstein fällt bereits im Dreißigjährigen Krieg ruinös und Schloss Berlepsch wird noch heute von einem Teil der Familie bewohnt und aktiv vermarktet. Ein Umstand der gerade in ostdeutschen Gebieten nur selten anzutreffen ist. Die Exkursion beschloss eine kleine Kaffee- und Kuchenrunde im Schlosscafé Berlepsch.
Infrarotaufnahme der Burgruine Hanstein.

Text: Antje Schloms
Fotos: Rainer Schubert

Landesgruppenversammlung auf Rudelsburg und Saaleck am 28. November 2015

Weit über die regionalen Grenzen hinaus sind Burgen wie Eckartsburg, Rudelsburg, Saaleck, Schönburg und Neuenburg bekannte und beliebte Ausflugsziele und engstens verbunden mit frühen romantischen Bestrebungen um die Wahrung der „vaterländischen Alterthümer“. Im Umkreis des Bischofssitzes und zur Sicherung des weltlichen bischöflichen Herrschaftsgebietes entstanden seit dem mittleren 12. Jahrhundert die Rudelsburg und Burg Saaleck westlich Naumburgs. Wie die östlich Naumburgs gelegene Schönburg diente die Rudelsburg den Bischöfen von Naumburg zum Schutz ihres Territoriums, während Saaleck wahrscheinlich den Landgrafen von Thüringen gehörte. Beide Burgen waren mit Ministerialen besetzt und zeugten von der Macht und Repräsentation der zwei gewichtigen Herrschaftsträger in dieser Region. Ihre überkommenen Bauten zeugen von der qualitätvollen Architektur solcher Ministerialensitze.
Gute Gründe also diese zwei Klassiker als Ausflugsziel der Landesgruppe Sachsen-Anhalt zur diesjährigen Jubiläumsversammlung zu besichtigen, immerhin feierte die Landesgruppe 2015 ihr 25-jähriges Bestehen.
Burg SaaleckUnd so begann unsere Versammlung bei einsetzendem Schneeregen und frostigen Temperaturen auf der Burg Saaleck. Wahre Burgenfreunde schätzen dieses Wetter im Winter – ermöglicht es doch jedem einzelnen, den Schutz der Mauern umso mehr ermessen und die mittelalterliche, winterliche Lebensweise erahnen zu können. Der ehrenamtlich tätige Heimatverein öffnete uns die Türen und Bauforscher Reinhard Schmitt erläuterte umfassend die Baugeschichte der Burg Saaleck.
Auf Burg Saaleck wurde ein gewichtiges Stück Denkmalpflegegeschichte Mitteldeutschlands geschrieben, als hier im östlichen Turm am 3. Oktober 1819 der "Thüringisch-Sächsische Geschichtsverein“ gegründet wurde. Abgesehen von Annahmen bzw. Hinweisen auf sagenhafte Überlieferungen in der älteren Literatur, die Ursprünge der Burg lägen in karolingischer Zeit, haben wir auch heute keine sicheren Belege für die Anfänge der Burgsiedlung. Da die erste urkundliche Erwähnung eines Vogtes von Saaleck für das Jahr 1140 bezeugt ist, wird man mit einer Entstehung einige Zeit davor rechnen dürfen. Diese edelfreien Vögte lassen sich bis 1215 nachweisen, jedoch stets in Geschäften anderer. Vermutlich waren sie Untervögte der Landgrafen von Thüringen und durch den aus ludowingischem Hause stammenden Naumburger Bischof Udo I. mit dieser Funktion begabt worden. Auf die damalige Bedeutung der Burg Saaleck lassen sich jedoch keine sicheren Schlüsse ziehen. Als Fehlinterpretation erwies sich die Deutung als "zweitürmige(r) Vorposten der Rudelsburg".
RudelsburgLetztere konnten wir wunderbar auf dem gegenüberliegenden Felsen erspähen. Dorthin sollte uns die zweite Etappe führen. Zunächst galt unsere Aufmerksamkeit den letzten Resten der ursprünglichen äußeren Ringmauer und einer Toranlage bevor wir einen kurzen Rundgang um die eigentliche Burganlage machten, die stolz auf ihrem Felsen hervorragt. Nicht umsonst verfasste Franz Kugler im Jahre 1826 auf der Rudelsburg das bekannte Gedicht „An der Saale hellem Strande stehen Burgen stolz und kühn“. Das waren die Anfänge einer ernsthaften Beschäftigung mit den Burgen der Region.
Malerisch auf einem steilen Kalkfelsen über der Saale in unmittelbarer Nachbarschaft zur Burg Saaleck gelegen ist die Rudelsburg wohl zur Sicherung des hier verengten Saaletals angelegt worden. Bei der ersten Erwähnung im Jahre 1171 befand sie sich im Besitz von Naumburger Ministerialen; 1238 wurde sie an die Markgrafen von Meißen verlehnt und der Ausbau der Befestigungen urkundlich genehmigt. Im Jahre 1348 zerstörten Soldaten der Stadt Naumburg die Burg und schleiften die Vorburg. Erneut fanden im sächsischen Bruderkrieg in der Mitte des 15. Jahrhunderts größere Zerstörungen statt. Damals gehörte die Burg der Familie von Bünau, die zeitnah an mehreren ihrer Besitzungen Modernisierungen der Befestigungsanlagen vornahm. Im Dreißigjährigen Krieg ausgebrannt und zusätzlich verwüstet, diente das Bauwerk später z. T. als Steinbruch. Nachdem sich in der Burg bereits im frühen 19. Jahrhundert eine "Restauration" niedergelassen hatte, wuchs das Interesse an diesem bedeutenden Denkmal des vaterländischen Altertums. Das hatte mehrere Restaurierungen in den Jahren 1868/70, 1897/98, um 1956 im Nordwesten des Innenhofs (Vorbau für die Gaststätte errichtet) und zuletzt umfassend 1991/92 zur Folge.
Heute befindet sich in der Burg eine gemütliche Gastronomie mit der sogenannten Kuno-Klause, wo wir uns schlussendlich zu unserer Versammlung niederließen.
Frau Schock-Werner und Frau Schloms beim Anschneiden der „Burgtorte“Zu diesem Zeitpunkt stieß auch unsere Präsidentin, Frau Schock-Werner, als gern gesehener Gast zu uns, um am historischen Ort unser kleines Jubiläum mitzufeiern und unsere Mitglieder außerdem über die bisherigen Erfolge von Ebidat zu informieren. Neben der üblichen Vorstellung unseres neuen Jahrheftes und einer kurzen Rückschau des Jahres durch den Vorstand der Landesgruppe gab es dieses Jahr anlässlich des Jubiläums eine kleine Überraschung für alle Anwesenden: eine von Konditormeister Schoppe angefertigte „Burgtorte“, die in gemeinsamer Arbeit von Frau Schock-Werner und Frau Schloms fachgerecht zerlegt wurde. Die abschließende Diskussion zu weiteren Exkursionszielen in den kommenden Monaten und der Arbeit der Landesgruppe lässt froh in die Zukunft blicken und weitere spannende 25 Jahre erwarten.
Text: Antje Schloms, Reinhard Schmitt
Fotos: Reinhard Schmitt, Detlef Mewes

Wanderexkursion zur Ebersburg und zur Burg Hohnstein bei Nordhausen am 18.04.2015

Die Knospen sprossen und die Frühblüher zeigten sich auf den ergrünten Rasenflächen. Unsere Landesgruppe nutzte das schöne Wetter zu ihrem ersten Ausflug in diesem Jahr. 14 Burgenfreunde hatten sich am Fuße des Ebersburger Burgberges getroffen.
Die erste Station war eine Führung durch die Ebersburg. Frau Hannelore Müller fesselte die Aufmerksamkeit der Teilnehmer mit der interessanten Geschichte der Burg und veranschaulichte anhand der baulichen Reste die ursprüngliche Gestalt der Anlage. Die noch erhaltene romanische Bausubstanz ist bemerkenswert. Insbesondere das Kammertor und der Bergfried mit einem Durchmesser von 12,5 Metern und einer Mauerstärke von 4 Metern beeindruckten.
Ebersburg. Romanisches Kammertor, Foto: Mewes, 2015
Ebersburg. Bergfried, Foto: Mewes 2015Die Anfänge der Ebersburg verlieren sich im Dunkel der Geschichte. Dem Erzbischof von Mainz verdanken wir die erste Nachricht aus dem Jahre 1190. Er urkundete, dass er die Ebersburg aus der Pfandschaft des Pfalzgrafen von Sachsen ausgelöst hat. Danach gab er sie ihm als Lehen. Wahrscheinlich wurde die Burg zum Schutz des erzbischöflichen Hofes in Rottleberode errichtet. Sie konnte gleichzeitig als Drohpotential gegen die nahe Stadt Nordhausen dienen[1].  Pfalzgraf Hermann übernahm 1190 nach dem Tod seines Bruders Ludwig III. auch die Landgrafschaft Thüringen, Er ließ die Burg von seinem Marschall verwalten.1199 wird ein Heinrich von Eversberch als Marschall am Thüringer Hof erwähnt. Ein Jahr vor seinem Tod stellt Hermann I. von Thüringen 1216 eine Urkunde auf der Ebersburg aus. Damit ist seine Anwesenheit auf der Befestigung nachgewiesen.
Ebersburg. Gruppenfoto, Foto: Mewes 20151247 erlosch das Landgrafenhaus. In der Folge kam es zu Erbstreitigkeiten. Die Grafen von Anhalt erhoben gegenüber den Markgrafen von Meißen Ansprüche auf Burg und Herrschaft. Siegfried von Anhalt eroberte sie 1247. Wahrscheinlich wurden in dieser Zeit die fünf unmittelbar bei der Burg gelegenen Allzunah-Gegenburgen erbaut[2] . Die Zuordnung, ob sie als Außenwerke der Ebersburg dienten (Burg Schadewald) oder gegen die Burg errichtet wurden (Niedere Allzunah), ist strittig. 1249 erhielt Siegfried von Anhalt das Besitzrecht an der Ebersburg mit Zubehör. Die Burg Schadewald blieb unter dem Truchsess Lippold von Heimburg, einem anhaltischen Ministerialen, und seinen Nachfolgern bis 1282 besetzt[2]. Sie war mit eigenem Besitz ausgestattet.
1326 ging die Burg nach einer erneuten Fehde zwischen Heinrich zu Stolberg und Bernhard von Anhalt als Wettiner Lehen an die Grafen von Stolberg. In dieser Zeit scheint die Burg Schadewald aufgegeben worden sein. In der Folgezeit war die Herrschaft häufig verpfändet. 1587 war die Burg noch bewohnt, aber schon dem Verfall preisgegeben. 1635 wurde die bereits stark in Mitleidenschaft gezogene Burg durch die Schweden geplündert[4]. Bei der Erbteilung des gräflichen Besitzes 1706 wurde die Herrschaft Ebersburg der Linie Stolberg-Roßla zugeschlagen.
Der Verein für lebendiges Mittelalter e.V. hat seit 2006 die Burgruine instand gesetzt und Ausgrabungen durchgeführt.
Burg Hohnstein. Artillerieturm, Foto Mewes 2015
Nach der Besichtigung beschloss unsere Gruppe zunächst die Wanderung zur Burg Hohnstein zu unternehmen. Aus den angezeigten 4,5 km Weg wurde aber eine wesentlich längere Strecke, die zum Teil über Stock und Stein führte. Einige Burgenfreunde spürten, dass die lange Winterzeit einen Gutteil der normalen Fitness verschwinden gellassen hatte. Letztendlich langten aber alle Mitglieder bei der eindrucksvollen Burgruine an. Zunächst stärkten sich die Burgenfreunde bei einem improvisierten Picknick. Danach erfolgte die Besichtigung der Burgruine. Leider fehlte ein Teil der noch vor wenigen Jahren vorhandenen Beschriftung der einzelnen Gebäudeteile.
Burg Hohnstein. Blick zur Kernburg, Foto: Mewes 2015
Angeblich war der erste Lehnsherr der Burg Heinrich der Löwe, der 1180 seine Besitzungen verlor. Graf Elger II. von Ilfeld urkundete erstmalig 1182 als Graf von Hohnstein. Er hatte seinen Stammsitz auf die Burg Hohnstein verlegt. Elger war eine wichtige Person am Hofe Friedrich Barbarossas. 1178 war ein Burgmann Burkhard von Hohnstein mit der Verwaltung der Burg beauftragt. Es wurden häufig Urkunden auf der Burg ausgestellt. Das lässt darauf schließen, dass die Burg ein wichtiger Verwaltungssitz war. Bauschmuck, der bei den Ausgrabungen gefunden wurde, lässt eine Entstehung der Burg um 1150 als wahrscheinlich erscheinen[5].
1380 belagerten die Wettiner die Anlage und nahmen sie ein.
1412 wurde die Burg im Zuge des Fleglerkrieges von Friedrich, Herr zu Heldrungen, mit von angeworbenen Söldnern und Bauern besetzt. Graf Heinrich von Honstein-Kelbra, dem der Hohnstein gehörte, beklagte sich beim Landgrafen Friedrich von Thüringen darüber. Der stellte sich auf die Seite der Hohnsteiner. Nach langwierigen Verhandlungen gelangten die Grafen von Stolberg 1417 in den Besitz der Burg. Jedoch mussten sie akzeptieren, dass auf Entscheidung Kaiser Sigismunds der Herzog von Braunschweig angebliche Rechte aus dem Erbe Heinrich des Löwen durchsetzte. Die Stolberger erkannten letztlich 1428 die Oberlehnsherrschaft der Herzöge an. Die Stolberger bauten  die Anlage militärisch mit großem Aufwand, unter anderen mit dem modernen Artillerieturm, aus. Während des Bauernkrieges galt Hohnstein noch als sichere Festung. Der Abt von Ilfeld versuchte deshalb, sich mit seinem Klosterschatz auf der Burg zu verschanzen. Die Bauern bedrohten die Burg aber so erfolgreich, dass der Abt den Schatz herausgab.
Burg Hohnstein. Tor der Vorburg, Foto: Mewes 2015
1590 ließ Graf Heinrich zu Stolberg die Burg zu einem ansehnlichen Renaissanceschloss umbauen[6]
1626 besetzte der kursächsische Obrist Vitzthum von Eckstädt den Hohnstein, bevor dieser 1627 in Folge von Kriegsereignissen fast vollständig zerstört[7] .
1900 ließen sich die Grafen von Stolberg in der Vorburg ein Fachwerkhaus als Jagdhaus errichten. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts kümmert sich ein Verein um die Erhaltung der Burgruine.
Gruppenfoto vor der Linde im Gasthof Sägemühle, Foto: Mewes 2015
Nach der Besichtigung stand noch der lange Rückmarsch zum Gasthof Sägemühle bevor. Auch der war schließlich absolviert und erschöpft aber zufrieden über den gelungenen Ausflug konnten sich die Wanderer mit hausgebackenen Kuchen stärken. In Anlehnung an den Namen der Gaststätte wurde auch Sägespänekuchen angeboten. Gegen 17.00 Uhr verabschiedeten sich die Burgenfreunde dann voneinander um sich hoffentlich bei der nächsten Exkursion wiederzubegegnen.
Der ursprüngliche Plan, die fünf Gegenburgen im Wald zu suchen, musste auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Detlef Mewes, 2015
[1] Jörg Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft. Die Grafen zu Stolberg. Dissertation 2002 an der TU Chemnitz. S. 47.
[2] Friedrich Stolberg: Befestigungsanlagen im Harz, s. 79.
[3] Handbuch der historischen Stätten, Provinz Sachsen-Anhalt, S. 96.
[4] wie 1. Seite 49.
[5] Rudolph: Zum romanischen Bestand der Burgruine Hohnstein bei Neustadt im Unterharz (Thüringen), in: Burgen und Schlösser. Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege 2012/2 S. 73ff.
[6] wie 1. S. 57.
[7] Mosebach, Uwe: Die Burgruine Hohnstein am Südharz. In: Burgenforschung aus Sachsen Heft 5/6, 1995. S. 253 ff.

Regenstein im Sonnenschein, 26. April 2014
Regenstein, -	Detlef Mewes 2014
Beinahe schon traditionell ist die burgenkundliche Wanderung, die wir in der Landesgruppe Sachsen-Anhalt jährlich im Frühling begehen, wenn die Blätter die Sicht auf die Anlagen noch nicht versperren – so dachten wir zumindest. Dass es der Frühling dieses Jahr ganz besonders gut meinte, konnte niemand ahnen. Dennoch war gerade deshalb die diesjährige Wanderung entlang der barocken Festungsanlage um die Burgruine Regenstein bei Blankenburg im Harz besonders zauberhaft.
Regenstein Grenzstein, Foto: Detlef Mewes 2014Der Regenstein ist seit der Kreidezeit als Felsenburg genutzt worden, seit 1671 preußisch wurde es von ihren Besitzern zur Festung ausgebaut. Beredtes Zeugnis für Besitzstreitigkeiten zwischen Braunschweig und Preußen sind die mehr als 350 Grenzsteine, die den gesamten Regenstein umgeben.
Die ursprüngliche Burganlage nimmt nur einen kleinen Teil des umbauten Areals ein. Die Außenlänge ihrer Umfassungsmauer wurde bis 1742 auf 1.200 m erweitert. Auch unter den Franzosen, denen die Festung am 12. September 1757 übergeben werden musste, wurde diese baulich erweitert. Die Preußen eroberten sie bereits fünf Monate später am 12. Februar 1758 zurück und machten die Anlage unbrauchbar. Regenstein, Foto: Detlef Mewes 2014Noch heute zu sehen sind die beeindruckenden Bearbeitungsspuren, die in den Fels gehauen wurden, um Gräben, Fassungen für Palisaden und Bastionen zu errichten.
Die Bastionen sind nach den Preußenprinzen, Friedrich und Friedrich Wilhelm, benannt. Unsere Wanderung führte uns einmal um die barocke Festung herum, mitten hindurch und auf einzelne Bastionen herauf. Damit wir diese Anstrengung besser meistern konnten, hielten wir zwar nicht die Stellung, aber stattdessen ausgiebig Picknick auf der Friedrichsburg mit herrlichem Ausblick auf die übrig gebliebene Kernruine.
Regenstein Gang, Foto: Detlef Mewes 2014
Auf eine ausführliche Beschreibung der Festungsanlage soll hier verzichtet werden, denn bereits in diesem Herbst wird in der Zeitschrift Burgen und Schlösser in Sachsen-Anhalt (Heft 23) ein umfassender Artikel von Heinz Behrens erscheinen, der uns all sein Wissen zum Regenstein auf dieser Wanderung fachkundig erläutert und dargelegt hat.
Regenstein, Foto: Detlef Mewes 2014
Von diesem Wissen profitierten nicht nur die Mitglieder der Burgenvereinigung, sondern vor allem zur Exkursion eingeladene Studenten der Kunstgeschichte.
Um junge Wissenschaftler für die Arbeit der DBV zu begeistern, soll eine langfristige Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit der Deutschen Burgenvereinigung erarbeitet werden. Diese Exkursion bildete dafür den Startschuss. Zwölf Studenten, die Teilnehmer an dem Bachelormodul „Regionale Kunstgeschichte“ sind und dafür einen Exkursionsschein benötigten, nahmen gemeinsam mit einer Tutorin an der Wanderung um den Regenstein teil. Dafür werden weitere Exkursionen seitens der Kunstgeschichte mengenmäßig entlastet und wir konnten den burgeninteressierten Studenten unsere Arbeit vorstellen und sie hoffentlich für eine burgenkundliche Abschlussarbeit begeistern. Natürlich bekam jeder Teilnehmer ein Anmeldeformular für die DBV in die Hand gedrückt. Das Resümee war durchweg positiv, das beiderseitige Interesse hoch und weitere gemeinsame Veranstaltungen sollen in den nächsten Jahren fest etabliert werden.
-	Bauerfeind, Hans: Blankenburg am Harz. Berlin 1982, S. 32: Grundriss
Einen Abschluss fand unsere Veranstaltung im informellen Rahmen bei einem wohlverdienten Becher Eis im Burgcafé Regenstein.

Bericht: Antje Schloms
Fotos:
-    Detlef Mewes 2014: Grenzstein, gedeckter Gang, Palisadenfassung, Gesamtansicht Regenstein
-    Bauerfeind, Hans: Blankenburg am Harz. Berlin 1982, S. 32: Grundriss